„Es ist sehr verwirrend, sich in dieser speziellen Einrichtung zurechtzufinden“, erklärt eine freiwillige Helferin. „Wir müssen die Leute nach Halle A, B oder C eskortieren, dies erfordert viel körperliche Bewegung“, sagt sie auf dem Weg zum Sitzvolleyball. Ihr Name ist Hitomi, und sie ist „froh, dass die Spiele trotz der Verschiebung stattfinden und Menschen aus anderen Ländern Japan besuchen kommen können“, sagt die 36-Jährige. Gerade einmal 1.000 Yen (7,67 Euro) pro Tag bekommt Hitomi als Transport-Kompensation, „und eine warme Mahlzeit – die reicht aber für den ganzen Tag!“
Journalisten müssen sich in der Makuhari-Messe für den Besuch der Events bei Supervisorin Rimi anmelden. Sie gab auch grünes Licht für ein Gespräch mit den Volunteers. Für das Erinnerungsbild musste aber erst beim Chef um Erlaubnis gebeten werden. Im Volunteer-Team ist auch eine Sehbehinderte mit ihrem Blindenhund Nana. „Es gibt in unserem Team keine Limits“, sagt Rimi. Drei weitere Helfer hören der Diskussion gespannt zu. Einer von ihnen ist Sitzvolleyball-Coach Tadeshi, der eine Zerebralparese hat.
Auf Japans Straßen sieht man keine Behinderten. Die werden meist in speziellen Einrichtungen „weggesperrt“, weil Tokio nicht wirklich behindertengerecht gebaut ist. Rampen für Rollstuhlfahrer gibt es kaum. Kleine Häuser und enge Gassen erschweren den Weg. Tadeshi hofft, „dass sich durch die Paralympics etwas ändert“. Sportförderung gab es in der Vergangenheit kaum. Japan gewann in Rio 2016 keine Para-Goldmedaille.
Seiko, eine weitere Helferin , erklärt, dass sie in ihrem Umfeld keinen körperlich Beeinträchtigten kenne. Durch ihre Kinder wisse sie aber, wie schwer es ist, in Tokio mit dem Kinderwagen voranzukommen. „Immer mehr Stationen haben jetzt einen Lift, den muss man aber erst finden. Es ändert sich langsam etwas.“ Seiko wollte unbedingt als Volunteer arbeiten, „aber vor den Spielen hörte ich im Fernsehen viele verschiedene Informationen wegen Corona. Ich hatte Angst, zu den Stadien zu kommen. Doch wer einmal hier ist, sieht, dass die Realität anders ist.“
Der Sommer ist auch Reisezeit bei den Japanern, deshalb glaubt keiner, dass die Spiele der einzige Grund für die steigenden Infektionszahlen im Land sind. „Überall gibt es Kontrollen, tägliche PCR-Tests, alles wird desinfiziert. Die Spiele sind bis ins kleinste Detail gut organisiert“, sagt Seiko. Ihre Kollegin Miya ist Englisch-Lehrerin an einer Junior High School und freut sich, dass Schüler bei den Bewerben zuschauen dürfen. „Bei den Paralympics können sie etwas für ihre Zukunft lernen. Wenn ich wieder in der Schule bin, werde ich all meinen Kindern davon erzählen“, sagt Miya stolz.
Manche Volunteers stehen mit Wegweisern herum, andere steuern mit Leuchtstäben den Verkehr oder fungieren als Shuttlebus-Einweiser inklusive Piepser: „Hoi, Hoi, Hoi, Hoihoihoi, Hoiiiii.“ Und wieder andere sprühen einfach nur Journalisten vor den Stadien mit Moskito-Sprays ein. Die Volunteers begeistern mit ihrer Freundlichkeit und Hingabe – und sie hauchen den leeren Sportstätten Leben ein.
Kommentare