Nach Silber für Brungraber: "Ich wusste, dass ich voll abfeuern muss"
Sonntag, 2.50 Uhr in Tokio: Der Wecker riss den Mühlviertler Florian Brungraber aus dem Schlaf. "So gut wie heute habe ich hier noch nie geschlafen", sagte der 36-Jährige und verließ an der Seite seines Vaters Gottfried das Hotel. Gemeinsam mit den österreichischen Betreuern ging es in Richtung Odaiba Marine Park, wo schon um 6.30 Uhr der Triathlon der Gehbehinderten gestartet wurde.
30 Grad im Wasser
Trotz 30 Grad im Wasser war Brungraber dennoch hellwach für die 750 Meter im Schwimmen und fand einen guten Rhythmus.
Gestartet wurde in zwei verschiedenen Gruppen mit Athleten, die im unteren Bereich gehandicapt sind (Klasse PTWC1), und Athleten mit Einschränkungen der oberen Gliedmaßen.
Vor zehn Jahren erlitt Brungraber eine inkomplette Querschnittslähmung nach einem Paragleitunfall. Am Sonntag stieg er nach dem Schwimmen in der Bucht unter der Rainbow Bridge aus dem Wasser und radelte mit 220 Watt seinem Glück entgegen.
"Ich habe gewusst, dass ich voll abfeuern und das härteste Radrennen meines Lebens fahren muss – und das ist es einigermaßen geworden", sagte Brungraber.
Während der 20 Kilometer am maßgeschneiderten Handbike überholte der Ingenieur reihenweise seine Kontrahenten. Den zweiten Wechsel erreichte er als Dritter und sattelte für die fünf Kilometer lange Strecke auf den Rennrollstuhl um und fuhr im Windschatten des Italieners Giovanni Achenza.
Silber in Sicht
"Als ich Achenza am Handbike vor mir gesehen habe, wusste ich, dass ich Silber holen werde, weil ich am Rennrolli einfach schneller bin als er." So war es: 59:55 Minuten nach dem Start erreichte Florian Brungraber als Zweiter das Ziel.
"Es ist überwältigend, ein Wahnsinn. Ich habe so viel dafür gegeben, so hart gearbeitet, dass ich hier auf dem Stockerl stehen darf. Dass es jetzt so aufgegangen ist, dass ich am Tag X mein bestes Rennen zeigen kann, bedeutet mir unglaublich viel."
Vor Brungraber überquerte der Niederländer Jetze Plat in 57:51 Minuten die Ziellinie. Der 30-Jährige wurde mit tosendem Applaus begrüßt – Plat ist seit fünf Jahren ungeschlagen.
"The Machine"
Auf der Webseite des Internationalen Paralympischen Komitees wird Plat als „athletische Maschine“ bezeichnet. Dieser "Maschine" durfte Brungraber bei der anschließenden Medaillenzeremonie die Goldene umhängen.
"Das war eine große Ehre. Plat hat fast Legendenstatus schon während seiner Athletenzeit." Doch auch Brungraber hat Bewunderer, wie Teamkollege Günther Matzinger, der vor seinem eigenen Wettkampf sogar "eine Träne wegdrücken" musste. "Er ist so ein feiner Kerl und hat dafür unglaublich hart gearbeitet. Das ist eine ganz, ganz tolle Geschichte", sagte der spätere Neuntplatzierte
Public Viewing daheim
Familienmitglieder, Freunde, Kollegen und Bekannte verfolgten gespannt das Rennen in der Elzer Stub’n beim 'Wirten seines Vertrauens' in seiner Heimat. "Ich bin mir sicher, dass sie mich ordentlich abgefeiert haben, und freue mich schon, wenn ich mit der Medaille heimkomme", sagte der Triathlet mit seinem glänzenden Stück Edelmetall um den Hals.
Brungrabers Silberne war nach dem ebenfalls zweiten Platz von Reiter Josef "Pepo" Puch die zweite Medaille für Österreich.
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