Nach Final-Krimi bei US Open: Thiem erstmals Grand-Slam-Sieger
Erfolg und Misserfolg sind der Unterschied zwischen Traum und Realität. Bei Dominic Thiem liegt nichts mehr dazwischen, der Niederösterreicher erfüllte sich einen Lebenstraum. Als zweiter Österreicher nach Thomas Muster, der 1995 in Paris triumphiert hatte, holte sich Österreichs Superstar einen Grand-Slam-Titel. Wie der Steirer im Alter von 27 Jahren.
Im Finale der US Open wurde Thiem seiner leichten Favoritenrolle gerecht, aber erst nach einem richtigen Tennis-Thriller. Nach vier Stunden Spielzeit hatte er ihn beendet, den Deutschen Alexander Zverev nach einem rigorosen Fehlstart 2:6, 4:6, 6:4, 6:3 und 7:6 (6) besiegt und durfte sich auf den Boden des Arthur Ashe Stadiums fallen lassen.
In diesem Moment fielen 100.000 Steine vom Herzen mit auf den Boden. Dominic Thiem hat einmal mehr Sportgeschichte geschrieben. Im vierten Grand-Slam-Finale den Triumph geschafft.
Zwei Mal (Paris) war Nadal zu stark, einmal verspielte Thiem eine Führung gegen Djokovic (Australian Open). Dieses Mal drehte er ein fast verloren geglaubtes Spiel um.
Schlimmer Start
Thiem spielte vor den Augen von Trainer Nicolás Massú, Physio Alex Stober aber lange bei weitem nicht so, wie er im Semifinale gegen den Russen Daniil Medwedew aufgehört hatte. Dabei hatte sein Gegner, der Weltranglisten-Siebente auf dem Weg ins Finale als besten Spieler einen Ranglisten-27. schlagen müssen, gegen den Spanier Pablo Carreno Busta setzte er sich im Semifinale nach 0:2-Satzrückstand doch noch durch.
Dieses Mal war der 23-Jährige vom ersten Schlag an hellwach. Setzte Thiem ständig unter Druck, ließ bei seinen Aufschlagspielen nichts zu und profitierte von einem gehemmten Thiem. Der Weltranglisten-Dritte fand überhaupt nicht ins Spiel, bewegte sich schlecht, traute sich nichts – kurz, Thiem war weit weg von der Form der vergangenen Runden. Bei 1:1 gelang Zverev das erste Break, danach noch ein zweites – nach einer halben Stunde gab es die 1:0-Satzführung.
Wer auf eine Besserung von Thiem gehofft hatte, wurde enttäuscht. Der zweite Satz war lange ein Spiegelbild des ersten, Thiem wehrte zwar bei 1:5 Satzbälle ab und schaffte kurze Zeit später ein Re-Break zum 3:5. Beziehungsweise dieses wurde ihm von Zverev einem verhauten Volley beim neuerlichen Satzball und einigen Doppelfehlern geschenkt. Bei 5:4 verwandelte der erste Deutsche im US-Open-Finale seit 1994 (Michael Stich unterlag Andre Agassi) den fünften Satzball.
Die Wende
Auch im dritten gab es das verflixte dritte Game, das Zverev wieder das Break brachte. Doch Thiem wurde aktiver, bewegte sich besser, mit einem sensationellen Return schaffte er das Re-Break. Mit Fortdauer des dritten Satzes machte Zverev die Fehler, Thiem kam schnupperte plötzlich gewonnene Höhenluft, schlug phasenweise auch sehenswerte Winner und schlug mit einem 6:4-Satzgewinn zurück.
Thiem übernahm immer mehr das Kommando. Und schaffte als mittlerweile besserer Mann auf dem Platz den Satzausgleich. Endlich gelang, was in den anderen Matches gelungen war, während Zverev unsicherer, defensiver wurde.
Ein schnelles Break im Entscheidungssatz schien Thiem auf die Siegerstraße zu bringen. Ein Re-Break brachte den Hamburger aber wieder zurück. Plötzlich gab es richtige Emotionen, der lange Zeit ruhige Zverev pushte sich nun bei jedem Ball. Der Final Countdown im Big Apple wurde hochklassig. Auch, weil Zverev wieder seine Hochform fand. Zverev schaffte das Break zum 5:3 und servierte auf den Turniersieg. Doch Thiem schlug (auch mithilfe seines Gegners) wieder zurück, schlug selbst bei 6:5 auf das Match auf. Alles klar? Nein, Zverev schaffte erneut das Break. Der Tie-Break musste entscheiden. Der von Krämpfen geplagte Lichtenwörther spielte im Endspurt die besten Bälle, verwandelte den dritten Matchball und durfte kurz nach 20 Uhr Ortszeit jubeln.
Paris wartet
Thiem brillierte vor allem mit Kampfgeist. Jetzt gibt es Zeit zur Erholung. In Rom spielt Thiem, der Dritter im Ranking bleibt, ebenso wenig wie in Hamburg. Der nächste Start folgt wieder bei einem Grand-Slam-Turnier. Bei den French Open ab 27. September will Thiem Nadal entthronen.
Was wichtiger ist: Er hat seinen ersten Grand-Slam-Titel in der Tasche.
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