US-Open-Champ Dominic Thiem: "Am Ende war es ein Drama"

US-Open-Champ Dominic Thiem: "Am Ende war es ein Drama"
Österreichs Topmann nach Triumph über Zverev: "Tennis kann grausam sein!" "Es war ein episches Finale", urteilt sein Manager Straka.

25 Jahre nach Thomas Muster bei den French Open holte sich Thiem als zweiter Österreicher einen Einzel-Grand-Slam-Titel. Der 27-jährige Niederösterreicher drehte das Finale gegen den Deutschen Alexander Zverev in New York nach 0:2-Satzrückstand sowie 3:5-Rückstand im fünften Satz nach 4:01 Stunden noch zum 2:6, 4:6, 6:4, 6:3, 7:6(6)-Sieg. 

Thiem ist übrigens der erste US-Open-Champ, der im Endspiel eine 0:2-Satzführung noch in einen Triumph umgewandelt hat. "Ich kann es noch nicht wirklich glauben", sagte der 27-Jährige eine Stunde nach dem Triumph. "Am Anfang habe ich mich wie Blei gefühlt, im dritten Satz begann es besser zu werden. Am Ende wurde es ein Drama."

Dass es am Anfang nicht so lief, lag an keinen körperlichen Problemen. "Ich war topfit, aber seit dem Viertelfinale richtig angespannt." Erstmals so richtig kam der Gedanke an sein Karriere-Ziel im vierten Satz.

"Im fünften Satz konnte ich das Gefühl mitnehmen, das war vielleicht ein Fehler. Gottlob bin ich noch einmal zurückgekommen. Das Ende hat gezeigt, dass Tennis ein grausamer Sport sein kann", stellte Thiem fest.

Bewegende Siegerehrung

Emotionen pur hatte es vorher bei der Siegerehrung gegeben. "Ich hoffe, Du kriegst Deine Chance, so wie Du es bei mir nach dem verlorenen Madrid-Finale gesagt hattest", sagt Thiem, der damals 2018 nach einer Finalniederlage gegen den Deutschen seinen ersten ATP-1.000-Titel verpasst hatte. "Du hättest es ebenso verdient."

Die beiden Finalisten fielen sich freundschaftlich in die Arme, verstießen gegen die geltenden Hygiene-Vorgaben. Wegen der Coronavirus-Pandemie waren die sonst obligatorischen Handschläge am Netz nach den Matches verboten, stattdessen klopften die Spielerinnen und Spieler ihre Tennisschläger aneinander.

Zverev aber ging nach dem Match auf die andere Seite des Platzes und nahm seinen Kumpel in den Arm. "Nun, wir sind wirklich sehr gute Freunde. Wir haben eine langjährige Freundschaft und Rivalität. Ich glaube, wir sind beide vielleicht 14 Mal negativ getestet worden. Wir wollten einfach diesen Moment teilen", sagte Thiem. "Ich denke, dass wir niemanden in Gefahr gebracht haben und dass das von daher in Ordnung war."

Familie im Kopf

Grüße gab es vor allem für die Familie, insbesondere seine Eltern, die bei seinem vierten Grand-Slam-Finale erstmals nicht dabei waren. "Dieses Finale war sicher nicht einfach für euch."

Der Verlierer Zverev war noch gerührter. "Jetzt stehe ich hier und halte die Finalisten-Rede. Wir sind alle glücklich, dass dieses Turnier stattgefunden hat“, sagte Zverev unter Tränen. "Aber ich vermisse meine Familie und hoffe, dass ich bald den großen Titel heimbringen kann."

 

"Die Dramaturgie war einfach ein Wahnsinn"

Nur aus der Entfernung mitgezittert hat Thiem-Manager Herwig Straka. "Es war ein episches Finale, das muss man echt sagen - es geht in die Geschichtsbücher ein", lautete der Kommentar des Steirers gegenüber der APA.

"Die Dramaturgie war einfach ein Wahnsinn, weil bis jetzt war eigentlich immer Dominic der, der das Spiel dominiert hat. Wir waren vom Sascha (Zverev) überrascht, er hat wirklich gut gespielt, vor allem in den ersten Sätzen", analysierte Straka. Überraschend sei für ihn aber auch gewesen, dass Thiem so nervös war. "Wenn es blöd hergeht, ist es relativ schnell aus."

Er selbst habe gesagt, dass Thiem das Match gewinnt, wenn er den dritten Satz für sich entscheidet. "Es war nicht zu prophezeien, aber es hat sich gedreht und er hat dann wirklich gut gespielt", so Straka.

Was dieser Grand-Slam-Titel zwar quasi ohne die "big three", Roger Federer (verletzt), Rafael Nadal (wegen Coronakrise nicht teilgenommen) und Novak Djokovic (disqualifiziert) aber bedeutet, darüber ist sich Straka sicher. "Ich glaube, das war jetzt nicht leichter, sondern es war ein Super-Finale. Unter den mental schwierigen Voraussetzungen das zu gewinnen, war, glaube ich, noch um eine Stufe höher. Dass das Match so gelaufen ist, wie es gelaufen ist, sorgt sicherlich auch überall für Gesprächsstoff, das macht ihn dann mehr stolz und sicherlich über alle Grenzen hinaus bekannt."

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