Tennis-Star Schett: "Froh, dass Menstruation thematisiert wurde"
Die Bezeichnung „Schett-Lag“ wollte sie nicht mehr strapazieren. Aber, wenn ein Mensch dieser Tage darunter leidet, ist es Barbara Schett. Am Montag 22 Uhr landete in Linz der Flieger aus Australien, wo sie bis Sonntag in Melbourne bei den Australian Open für Eurosport moderierte. Bis die 47-Jährige im Hotel war, standen schon die nächsten Termine an. „Ich habe zum ersten Mal seit dem Fed-Cup auf Gran Canaria vor 20 Jahren durchgemacht.“
Am Mittwoch hielt sie im Design Center bei einem Symposium über Frauen im Sport („Fe&Male Sport“) einen Vortrag, bis Sonntag ist sie noch Turnierbotschafterin beim Upper Austria Ladies Linz, ehe es wieder zurück nach Australien geht, wo ihr Gatte Joshua und der 15-jährige Sohn lebt. Danach kommt endlich die ruhige Zeit. „Ich bin froh, dass ich meinen Mann habe. Sonst würde das nicht gehen. Er lässt mich meine Liebe ausleben“, sagt Schett. Sie räumt aber ein: „Wenn ich zwölf Monate nur daheim wäre, würde ich durchdrehen.“
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Man wechselt sich als Familienoberhaupt quasi ab. „Das geht in Australien und anderen Ländern. In Österreich ist dies nicht so entspannt. Weil sich Männer schwertun, sich zurückzustellen und sich meist über den Erfolg identifizieren.“
Mütter im Vormarsch
Mütter, die um den Globus reisen. Früher eine Seltenheit, heute keine mehr. Neun Mütter standen im Hauptbewerb der Australian Open. Kein Problem für Schett. „Es gibt bei jedem Turnier mittlerweile Betreuungseinrichtungen. Und viele, wie Angelique Kerber oder Elina Switolina, sind, seit sie Mütter sind, entspannter. Sie sehen Niederlagen nicht mehr so eng.“
Respekt und Gleichberechtigung gefordert
Ob sie sich selbst als Frauenbotschafterin sieht? „Ich bin nicht die große Feministin. Aber ich fordere Respekt und Gleichberechtigung ein.“ Das wünscht sie sich auch in ihrem Sport. Auch, wenn es bei Grand-Slam-Turnieren das gleiche Preisgeld gibt, „wenn man alle Turniere betrachtet, verdienen die Männer noch immer 70 Prozent mehr. Obwohl wir ebenfalls soviel leisten müssen, um an die Spitze zu kommen.“ Auch in der medialen Welt wünscht sich die Tirolerin, die als Nummer sieben Österreichs beste Spielerin der Geschichte war, mehr Aufmerksamkeit für ihr Geschlecht. „Überall werden nur Muster, Thiem und Melzer genannt, wenn Österreichs Top-Ten-Spieler genannt werden. Das ärgert mich.“
Menstruation ein Thema
Dass in der Öffentlichkeit mittlerweile Probleme offener diskutiert werden, gefällt ihr. „Ich bin froh, dass Mikaela Shiffrin das thematisiert hat, früher wurde das verschwiegen“, sagt Schett, die ihre Erlebnisse offen rauslässt: „Ich hatte meine erste bei einem Turnier in Kitzbühel und habe gekotzt. Es beeinträchtigt eben die Leistung. Ich habe meine oft verschoben.“ Froh ist sie auch darüber, dass in Wimbledon bunte Unterhosen verwendet werden dürfen.
Einstellung der Männer
Das Gendern in der Sprache findet sie persönlich „zum Teil lächerlich“. Wichtiger ist da aber schon, dass die Spielergemeinschaften ATP (Männer) und WTA zusammengelegt werden. „Ich wünsche mir mehr Combined Tournaments. Das kann uns nur guttun.“ Weil auch in Österreich die Männer-Turniere wesentlich mehr Zuspruch haben. „Es liegt nicht am Turnier in Linz, das fast immer äußerst gut besetzt ist. Da geht es aber um Einstellungen. Die Männer werten Frauen-Tennis noch immer als Weiber-Tennis ab. Das zipft mich an.“
Freilich, dass in Österreich derzeit die Männer besser im Ranking sind, sieht Schett. Warum das Land im Frauen-Tennis zurückfiel? „Da geht es um die generelle Einstellung. Uns geht es zu gut, in anderen Ländern, wie den slawischen, müssen die Jungen mehr kämpfen, um nach oben zu kommen, damit es ihnen gut geht. Dort ist der Ehrgeiz größer.“
Keine Freunde
Vom oft zitierten Zickenkrieg unter den Spielerinnen will sie nichts wissen, „aber es gehen alle ihre eigenen Wege, nur ganz wenige Spielerinnen sind befreundet. Aber dies ist mittlerweile auch bei den Männern so. Es liegt auch daran, dass auch die meisten eine größere Entourage dabei haben“, sagt Schett, der von den Spielerinnen am besten Cori Gauff gefällt. „Weil sie etwas zu sagen hat.“
Bei Eurosport verdient Schett weniger als die Kollegen John McEnroe oder Mats Wilander. „Da geht es aber darum, wer mehr Grand Slams gewann. Obwohl ich täglich mehr gearbeitet habe.“
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