Vorteil der Ruderer
Bei einem Besuch in Barcelona erklärten die Alinghi-Cyclor Nico Stahlberg und Paul Jacquot dem KURIER, was sie auf dem Boot machen und warum sie zu den acht Auserwählten im Team zählen.
Die beiden waren für die Schweiz Olympia-Teilnehmer im Rudern und glauben, durch ihren sportlichen Hintergrund einen Vorteil zu haben. „Rudern geht zu 70 Prozent aus den Beinen. Und dann noch 10 bis 20 Prozent aus den Armen. Vom Bewegungsablauf her sind wir ganzkörperlich trainiert“, erklärt Nico Stahlberg, der in der Alinghi erstmals in einem solchen Segelboot saß.
Über die Aufnahmeprüfung wollen Stahlberg und Jacquot nicht viel reden. Team-Gesellschafter Hans-Peter Steinacher sagte aber: „Sie mussten 410 Watt für 25 Minuten treten.“ In der Spitze sind es bei einer Wettfahrt 800 bis 900 Watt. Eine unvorstellbare Leistung.
Doch wofür?
Der 2,04 Meter große Paul Jacquot erklärt: „Wir erzeugen die Energie für die Steuerung von allem oberhalb der Wasseroberfläche, also die Segel zum Beispiel. Darunter sind die Foil-Arme, die sind batteriebetrieben.“ Ideal sei es, wenn die erzeugte Energie sofort verwendet wird. Da dies nicht immer der Fall ist, radeln sie in einen sogenannten hydraulischen Blasenspeicher. Für gewöhnlich sind es dann 230 Watt bei einer Wettfahrt. „Bei den Manövern geben wir Vollgas. Dazwischen können wir ein wenig nachlassen“, sagt Stahlberg.
In den jeweils hinteren beiden Plätzen auf beiden Seiten der Boote sind die Räder für die Cyclor montiert. Auf einem Bildschirm sehen sie die Daten zu ihrer Leistung, im Headset hören sie, wenn Manöver anstehen.
Das erste Mal
Als Stahlberg das erste Mal mit dem AC75-Boliden der Alinghi hinausgefahren ist, hat er sich gedacht: „Ich hatte das Gefühl, ’oh Scheiße, jetzt wird es mir richtig schlecht’. Aber ich habe es mir schlimmer erwartet. Das Boot geht über die Wellen drüber. Das Einzige, was wirklich eindrücklich ist, ist die G-Kraft in der Kurve.“ Oder auch wenn der Wellengang noch stärker ist. „Dann kann es ziemlich schütteln. Das ist schon die Extremsituation.“ Angeschnallt sind die Crew-Mitglieder bei bis zu 100 km/h dennoch nicht. „Nein, das wäre viel zu gefährlich“, sagt der 32-Jährige.
Wie Olympia
Der America’s Cup sei durchaus mit einer Olympia-Teilnahme zu vergleichen, sagen Jacquot und Stahlberg. „Der Fakt, dass ich noch nach meiner Ruderkarriere die Chance habe, in einem anderen Sport auf höchstem Niveau teilzunehmen oder mitzumachen, das ist schon für mich ein mega Ding. Hier ist es irgendwie ein Teamsport. Es sind ungefähr 150 Leute und es ist spannend, dabei zu sein. Es sind mega Evente“, sagt Stahlberg. Der 28-jährige Jacquot spricht das Potenzial an: „Ich sehe jeden Tag, dass ich bisschen besser werde. Das macht mega Freude. Und es ist ähnlich zu Olympia: Wenn man es verkackt, dann hat man erst wieder in vier Jahren die Chance.“
Doch daran wollen die beiden gar nicht denken und trainieren wie die Berserker, auch bei langen Radtouren in die Berge hinter Barcelona. Damit das Training wirkt, müssen sie ihre Masse behalten und essen was möglich ist. „4.000 bis 5.000 Kalorien werden es pro Tag schon sein“, sagt Jacquot. „Wir verbringen schon viel Zeit in der Kantine.“
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