British Open in St. Andrews: Der "Marchfelderhof des Golfsports"
Die 150. Ausgabe des Turniers findet an jenem Ort statt, wo der Sport vor mehr als 500 Jahren entstanden ist. Mehr Tradition geht nicht. Dennoch setzt der Old Course weiter Maßstäbe.
Es gibt nicht viele Sport-Geschichten, die ihren Ursprung im Jahr 1123 haben. Damals begab es sich, dass David I., später König von Schottland, das karge Links-Land an der Ostküste von St. Andrews den Bewohnern der Stadt übergab. Der Weg für einen Weltsport war damit - rückblickend - geebnet, obwohl es von jenem Zeitpunkt noch gut 300 Jahre dauern sollte, bis erstmals ein Golfball über die Dünenlandschaft rollte.
Im 15. Jahrhundert erfreute sich der neue Zeitvertreib rasch großer Beliebtheit, Netflix oder Kreuzworträtsel gab’s ja noch nicht. Das gefiel damals nicht jedem. Jakob III., von 1460 bis 1488 auf dem schottischen Thron, verbat das Spiel, weil er um sein Heer fürchtete. Anstatt mit Pfeil und Bogen zu üben, trafen sich immer mehr Schotten zum Golfen. Der Bann sollte 45 lange Jahre aufrecht bleiben. Doch Golf war nicht umzubringen.
Die Open (oder auch British Open) sind das einzige der vier Golf-Majorturniere, das nicht in den USA ausgetragen wird. Veranstaltet wird es seit 1860
10 Anlagen sind aktuell im Wechsel Schauplatz des Turniers (fünf in Schottland, vier in England, einer in Nordirland). St. Andrews ist am häufigsten Austragungsort, seit 1990 wird am Old Course alle fünf Jahre gespielt
Zwei Österreicher stehen bei der Jubiläumsauflage 2022 am Abschlag: Sepp Straka und Bernd Wiesberger
Es sind Geschichten und Mythen wie diese, die die Verantwortlichen in St. Andrews dieser Tage voller Inbrunst wieder und wieder erzählen. Erst recht in dieser Woche, wenn die Welt in die kleine Universitätsstadt blickt. Von Donnerstag bis Sonntag (live Sky Sport) findet auf dem mehr als 500 Jahre alten „Old Course“ die Open Championship statt. Es ist seit 1860 die 150. Ausgabe des Bewerbs, nur den America’s Cup der Segler gibt’s noch ein bisschen länger (seit 1851).
„Ein bisserl verstaubt ist es dort schon“, gibt Markus Brier im KURIER-Gespräch zu. Der 54-jährige Wiener hat neun Mal auf dem Old Course abgeschlagen, 2007 gelang ihm bei den Open - allerdings in Carnoustie - mit Rang zwölf die bis heute beste Major-Platzierung eines Österreichers. Die Aura, die St. Andrews umweht, sei einzigartig, meint Brier, der aber gesteht: „Für einen Nicht-Golfer ist das nichts Besonderes, viel Wiese und ein paar Hügeln. Für jeden Golfer bedeutet der Platz aber die Welt.“
Das gilt natürlich auch für die umliegenden Gebäude, wie etwa jenes längst legendäre Pub gleich vor dem Eingang zur Anlage. Dort drinnen sei es auf etwa 25 Quadratmeter ein wenig "wie im Marchfelderhof, nur halt für Golf-Verrückte. Überall hängen Bilder oder andere Gegenstände von Golfern herum", sagt Brier. "Muss man auch einmal gesehen haben."
Tatsächlich ist der Kurs auf den ersten Blick spektakulär unspektakulär. Bei Golf auf Links-Kursen handelt es sich um die ursprünglichste Form des Spiels. Da vor Hunderten Jahren die technischen Möglichkeiten begrenzt waren, gab die Landschaft den Weg zum Loch vor. Bis heute geht man bei Umbauarbeiten extrem behutsam vor.
Dennoch war der Old Course, der selbstbewusst „Heimat des Golf“ genannt wird, maßgebend für die Entwicklung des Sports. 1759 wurde an Ort und Stelle das bis heute übliche Zählwettspiel eingeführt. Nur fünf Jahre später legte man in St. Andrews den Platzstandard mit 18 Löchern fest.
Jene 18 Spielbahnen sind auch Traumziel vieler Hobbygolfer. Unmöglich ist das nicht. Die Anlage an der Nordseeküste ist seit jeher öffentlich. Aufbringen muss man für eine Runde in der Hochsaison rund 320 Euro – und viel Geduld. Die Abschlagzeiten sind ein Jahr im Voraus ausgebucht.
Für den Traum hat so mancher Golfer schon viel in Kauf genommen, etwa jene drei Herren aus Schweden, die im Frühjahr 2010 an der Reihe gewesen sind. Als jedoch der isländische Vulkan Eyjafjallajökull den Flugverkehr lahmlegte, nahm das Trio eine 42-stündige Nonstop-Reise mit dem Auto und zwei Fähren auf sich, um rechtzeitig am Old Course abschlagen zu können.
Der Lohn für die Mühen ist unter anderen das berühmteste Fotomotiv in der Golfwelt. Auf der Swilcan Bridge posierte auch schon Barack Obama voller Stolz. Ursprünglich wurde die Brücke vor mehr als 700 Jahren errichtet, damit die ortsansässigen Schafhirten ihr Vieh gefahrlos über den kleinen Bach bringen konnten. Heute überbrückt sie das einzige Wasserhindernis auf dem Old Course. Dagegen erfordern 112 Bunker (einer trägt offiziell den Namen Höllen-Bunker) die gesamte Klasse der Weltbesten.
Extraklasse bewies Tiger Woods im Jahr 2000 in St. Andrews. Bei seinem ersten Open-Sieg landete nicht einer seiner Schläge in einem der Bunker. Der Star ist auch heuer dabei. 290.000 Zuseher haben sich angekündigt.
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