Olympisches Radrennen: Hat der Amateur aus Mauritius eine Chance?

Felix Großschartner beim olympischen Zeitfahren
Großschartner und Haller bestreiten das äußerst schwere Straßenrennen. Ex-Profi Jens Voigt macht sich Sorgen um die Amateure.

272 Kilometer, 2.800 Höhenmeter hinauf zum Montmartre mit Kopfsteinpflaster. Die Charakteristik des olympischen Radrennens erinnert an den archaischen Eintagesklassiker Paris–Roubaix.

Schon vor dem Start am Samstag (11.00) kam von Ex-Profi und Eurosport-Experte Jens Voigt harte Kritik an der Streckenführung. „Wenn man bedenkt, dass nur 90 Fahrer am Start sind und 60 Fahrer davon Profis oder Halbprofis sind, werden wahrscheinlich einige Fahrer nicht ins Ziel kommen“, sagte der 52-jährige Deutsche im Interview mit Sports Illustrated. „Wir reden hier von einem sieben, acht Stunden langen Rennen, das selbst für die Profis außergewöhnlich lang ist. Ich denke, da haben sich die Organisatoren keinen Gefallen getan.“

Im schlimmsten Fall würde sich bald zu Beginn eine Spitzengruppe von 15 bis 20 starken Fahrern bilden, die sich vom Hauptfeld absetzen. „Dann kommen andere Favoriten mit einer Stunde Verspätung ins Ziel.“ Auch Amateure sind am Start, sogar ein Fahrer aus Mauritius. „Bei aller Liebe und Respekt, aber da werden einige Fahrer das Ziel nicht sehen.“

Das Ziel sehen möchte Felix Großschartner. „Es wird sehr speziell. Das Rennen ist mit 270 km ewig lang, man muss standfest sein, um am Ende noch vorne mitfahren zu können“, sagt der 30-Jährige. „Wichtig wird sein, dass man aufmerksam ist und am Anfang nicht zu viele Körner verschießt.“

Unterwegs ohne Team

Hauptberuflich tritt Großschartner für das Team UAE Emirates in die Pedale, die Mannschaft von Tour-Sieger Tadej Pogacar. Ein Olympia-Rennen habe aber eine komplett andere Charakteristik als ein Klassiker. „Man ist hier ja nicht mit seiner Mannschaft am Start, in der jeder der acht Fahrer weiß, was er in jeder Rennphase zu tun hat.“ Von einer Medaille bei seiner Olympia-Premiere zu sprechen, wäre vermessen. Allerdings: „Ich sehe das schon als Vorteil, dass auch die besten Nationen nur maximal vier Fahrer am Start haben. Mir macht es Spaß, wenn alles offen ist.“

Er wisse, dass er zu den besten Fahrern im Feld gehöre, „aber das tun 30 andere auch“. Die lange, hügelige Strecke mit dem Kopfsteinpflaster solle ihm liegen. „Ich habe es im letzten Jahr schon bewiesen, dass ich auf solchen Strecken stark bin.“

Auch Marco Haller, der zweite Österreicher am Start, rechnet sich etwas aus: „Es kann ein bisserl in Anarchie enden und das kann genau unser Vorteil werden. Wenn wir die Post erwischen, ist wirklich alles möglich.“ Eine Sprintankunft wird es auf diesem Kurs nicht geben.

Zu den Gold-Anwärtern zählen die Belgier um Zeitfahr-Olympiasieger Remco Evenepoel und Wout van Aert sowie der niederländische Weltmeister Mathieu van der Poel. Tour-de-France-Sieger Pogacar hat abgesagt, offiziell sei er zu müde. Ein Mitgrund für die Abwesenheit des Superstars dürfte aber auch sein, dass seine Freundin Urska Zigart, ebenfalls Radfahrerin, vom slowenischen Verband nicht nominiert wurde.

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