Die historische Dimension für den rot-weiß-roten Sport war Rogan gleich bewusst: „Es hat mir schon getaugt, dass ich es war, der die erste Schwimmmedaille für Österreich seit der Kaiserzeit geholt hat.“
Athen vergleichbar mit der Gugl
Er weiß auch heute noch, welche Worte er wählen muss, um bei den Leuten einen Nerv zu treffen. Vom schönsten Erfolg seiner Laufbahn will der heute 42-Jährige rückblickend dennoch nicht sprechen. „Als ich 1989 auf der Gugl die 50 Meter Rücken in 35 Sekunden geschwommen bin und meine persönliche Bestleistung um vier Sekunden verbessert habe, war das Glücksgefühl genau so stark wie in Athen.“
Überraschungen waren die Silbermedaillen keine, „ich habe gewusst, dass ich in Form bin. Und das ist schon ein geiles Gefühl im Sport“. Was er aber als noch wichtiger für den Erfolg einstuft, war seine Herangehensweise an die Wettkämpfe. „Ich hatte keine Ehrfurcht vor den Amerikanern, weil ich alle aus dem Training kannte“, sagt der ehemalige Weltrekordler, der lange in Kalifornien trainierte und mittlerweile in Los Angeles mit seiner Familie lebt.
„Viele andere Schwimmer haben geglaubt, die Amis und auch Australier seien Superhelden.“ Im olympischen Dorf hätten sich teils „bizarre Szenen“ zugetragen, erzählt Rogan: „Da hieß es: ‚Schau, was der Ami zum Frühstück isst?! Ein Müsli. Das muss ich auch essen!‘ Ich aber wusste: Ich muss nicht Amerikaner sein, um erfolgreich zu sein.“
Genau diese Einstellung sei vielleicht sein größter Verdienst gewesen für den österreichischen Schwimmsport: „Ich hab’ den Österreichern die Ehrfurcht genommen. Der Auböck steht bei Olympia am Start, und vielleicht sind am Tag X fünf schneller als er. Aber eines hat er nicht: Angst vor seinen Gegnern.“
Freilich fehlte es auch in Athen nicht an Dramatik, wie so oft, wenn Markus Rogan ein- und auftaucht. Über 100 Meter war er zu Halbzeit des Rennens Achter – und Letzter; zwischen den beiden Bewerben gab es obendrein Aufregung um ein Nasenspray, das Rogan schon viele Jahre lang verwendete („Die Diskussionen waren mir furchtbar unangenehm“).
Rogans legendäre Aussage
Und dann gab es noch jene 24 Minuten, in denen der Wiener 200-m-Olympiasieger war. Bei US-Konkurrent Aaron Peirsol, der bereits über 100 Meter Gold gewonnen hatte, lag ein Protest vor, der zur Disqualifikation führen hätte können. Rogans Aussage, die Freundschaft zu Aaron sei ihm wichtiger als Gold, ging um die Welt. Dennoch: „Ich hab’ mit Leo Wallner (damaliger ÖOC-Präsident, Anm.) für den Fall den Text der Hymne gelernt.“
Dazu kam es dann doch nicht. Rogan lebte mit Doppel-Silber prächtig, auch was Sponsorenverträge betraf. Aber wie lebt eigentlich Freund Peirsol heute? „Wir sind in Kontakt“, sagt der Österreicher. Aber diesen zu halten sei gar nicht so einfach. „Aaron ist ein Aussteiger und Philosoph. Er segelt die US-Ostküste auf und ab, lebt auf Costa Rica, wo er Briefe auf einer analogen Schreibmaschine verfasst.“
Die Olympischen Spiele in Paris werden beide wohl nur am Rande verfolgen. Wenn am Samstag die ersten Schwimmmedaillen vergeben werden, sitzt Rogan mit seiner Familie im Flieger nach Tonga. Drei Tage dauert die Anreise in das Königreich im Südpazifik. „In der Schlange stehen vor dem Kolosseum im Rom oder ein echtes Abenteuer in einer Hütte, das stand zur Wahl. Wir wählen immer öfter das Abenteuer.“
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