Sie waren selbst Spitzenathlet, waren bei drei Olympischen Spielen. Geht man da anders an den Start als sonst?
Ja, das ist nochmal anders, nochmal größer. Da braucht mir keiner erzählen, dass das ein Wettkampf ist wie jeder andere. Das macht was mit einem.
Sport ist ein Milliardengeschäft geworden und ein Mega-Event. Haben wir den Sport ein bisschen verloren – an Konzerne, Regierungen?
Sport war immer auch ein Stück weit politisch. Es ist ja auch nichts Schlechtes daran, dass mehr Geld generiert wird – wenn dieses Geld an die richtige Stelle kommt. Wenn aber vornehmlich Menschen profitieren, die eigentlich nichts mit dem Sport zu tun haben, dann sehe ich das mit großer Skepsis. Die Athletinnen und Athleten sollten viel stärker in diese Prozesse eingebunden sein und auch mehr davon profitieren. Ich hoffe, dass nach den Olympischen Spielen ganz Frankreich gerne auf diese Zeit zurück blickt und dass die gesamte französische Gesellschaft davon profitiert. Es ist viel Geld im Umlauf. Und damit kann man so viel Positives bewirken.
Inwiefern?
Die Athletinnen und die Athleten sind diejenigen, die Olympia groß gemacht haben. Deren Emotionen und das Zusammenspiel aller Nationen im fairen Wettkampf, das sind doch gerade heutzutage die wichtigsten Botschaften, die man in eine aus den Fugen geratene Welt senden sollte. Dazu braucht es keine gigantischen Stadien oder inflationäre Wettbewerbe. Es geht darum, die Herzen aller Zuschauer zu erreichen, denn die Menschen erzeugen den Spirit, der Olympische Spiele unvergesslich macht.
Welchen Mehrwert hat diese Aufmerksamkeit?
Ich glaube, dass man viel stärker den Fokus darauf legen sollte, wie man breitflächig Kinder zum Sport und zur Bewegung motivieren kann. Ein Kind, das Olympische Spiele verfolgt und das dann rausgehen will und die Sportarten ausprobieren will, das wäre für mich der richtige Ansatz – weil ich glaube, dass nach wie vor der Sport die wichtigste Lebensschule für Kinder ist.
Sie sprechen auch immer wieder das Klima an. Haben Sie Hoffnung, dass Sportereignisse wieder klimafreundlicher werden?
Großereignisse sind für mich etwas elementar Wichtiges. Nicht nur für den Sport, sondern eben auch für die Gesellschaft, weil man damit viele Menschen bewegen und emotional erreichen kann. Doch es muss nicht immer noch gigantischer, noch pompöser werden. Wenn man „normal“ denkt und versucht, Olympia-Orte von vornherein unter der vorrangigen Prämisse der Nachhaltigkeit auszuwählen und ihnen auch die entsprechenden Freiheiten zu lassen, dann könnten Olympische Spiele auch Vorreiter für einen verantwortlichen Klimaschutz sein. Wenn ich sowas sage, heißt es immer gleich: „Der Neureuther ist jetzt Klimaaktivist“, was ja Blödsinn ist. Mit einem zeitgemäßen normalen Menschenverstand und entsprechenden nachvollziehbaren Maßnahmen können wir mehr Menschen überzeugen und damit auch mehr für die Nachhaltigkeit erreichen, als mit fundamentalem Denken. Das haben die Multi-EM und die Fußball-EURO in Deutschland gezeigt.
Welchen Sommersport machen Sie denn selbst am liebsten?
Golfen, tatsächlich (schmunzelt). Ich bin zum Golfer mutiert.
Was gefällt Ihnen am Golfen?
Dass du dich selber herausfordern kannst. Da fühlst du dich wieder ein Stück weit in deine aktive Karriere zurückversetzt – nur in einem anderen Metier. Das Einzigartige beim Golf ist ja, wenn du das erste Mal einen Schläger in der Hand hast und du schubst den Ball – mit etwas Glück geht der über 100 Meter und ins Loch rein. Du kannst als Anfänger an einem Loch besser sein als der beste Golfer der Welt. Zwar durch Glück, aber es ist möglich. Und das hast du in ganz wenigen Sportarten.
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