Warum Kletter-Ass Jakob Schubert sich um seinen Mittelfinger sorgt

Jakob Schubert zählt bei den Olympischen Sommerspielen zu den großen österreichischen Medaillenhoffnungen. Der KURIER begleitet den 33-jährigen Innsbrucker auf dem Weg nach Paris und liefert Einblicke in das Leben eines Kletterers.
Eigentlich sollte Jakob Schubert in den nächsten zwei Wochen keinen Finger rühren. Normalerweise müsste der sechsfache Kletter-Weltmeister seine Hände bis zu den Olympischen Spielen in Paris in Watte packen, sie hegen und pflegen und von allen riskanten Beschäftigungen tunlichst die Finger lassen.
Gerade im Alltag tun sich für einen Kletterer wie ihn viele Gefahren auf. Ein Messer ist beim Schneiden in der Küche rasch verrutscht - und schon kann er bei Olympia durch die Finger schauen. Ein Daumen ist schnell einmal eingeklemmt - und schon ist die Tür zu den Medaillen zugeschlagen.
Die Finger sind das wichtigste Werkzeug für einen Kletterer. Wie Pianisten achten Stars wie Jakob Schubert penibel auf sie.
Für Jessica Pilz ging die Welt unter
Ein kleiner Schnitt im Daumen, ein dünner Riss im Zeigefinger genügt schon, um einen Kletterer aus dem Tritt zu bringen. Ein Riss im Ringband, wie ihn sich Jessica Pilz wenige Monate vor den Sommerspielen 2021 in Tokio zugezogen hatte, hätten die meisten anderen Olympia-Sportler mit einem Achselzucken hingenommen.
Für die Weltmeisterin ging damals die Welt unter. „Ich habe lange gebraucht, um darüber hinweg zu kommen“, sagt die Niederösterreicherin.
Man kann also verstehen, dass Jakob Schubert gerade die Vorsicht in Person ist und ganz genau auf seine Hände und seine Fitness schaut. Weil der Topfavorit in Paris nicht durch die Finger schauen will, bestreitet er in den Wochen vor dem Saisonhighlight ganz bewusst keinen Wettkampf mehr.
„Im Juni und Juli habe ich nämlich immer Hautprobleme“, erklärt der 33-Jährige. Alle Sommer wieder wird die Haut an seinen Fingern spröde und bildet Risse. „Das Hautmanagement vor Wettkämpfen ist bei mir extrem wichtig.“
Schubert lässt deshalb in den Wochen vor Olympia Holzgriffe an den Trainingswänden montieren, die schonender für die Haut sind. „Du brauchst eine gute Hautschicht beim Wettkampf. Wenn du dir schon am ersten Tag bei Olympia die Haut an der Fingerkuppe aufreißt und blutest, wäre das eine Tragödie.“
Mittelfinger hat Priorität
Bei manchen Fingern wäre eine Verletzung noch eher verkraftbar. Auf den Mittelfinger könnte Schubert nie und nimmer verzichten. „Der ist der längste und der stärkste“, sagt der Innsbrucker. Auch der Daumen hat eine enorme Bedeutung. „Wenn ich schon einen Finger abgeben müsste, dann wäre es der kleine. Den könnte ich am ehesten entbehren.“
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