Marathon-Ass Mayer über den weiblichen Zyklus: "Unser Vorteil gegenüber Männern"
Als letzte Österreicherin startet Julia Mayer am Sonntag in den Lauf über 42,195 Kilometer. Sie erzählt, dass sie rund um den Eisprung die besten Leistungen bringen kann.
An der Marathon-Strecke in Paris gibt es einige Tücken. Julia Mayer ist im April die Strecke schon einmal abgefahren und hat mitgeschrieben und Videos gemacht. 14 Prozent Steigung über einen halben Kilometer – „das ist wirklich tough“, sagt Mayer, die sich für eine Platzierung im Rennen am Sonntag (8 Uhr) keine Illusionen macht, immerhin habe sie sich als eine der Letzten qualifiziert.
460 Höhenmeter und lange Steigungen führen die Läuferinnen von Paris nach Versailles und wieder zurück. „Ich hoffe, dass ich den allerbesten Tag habe“, sagt Julia Mayer, um ihr Allerbestes auf der großen Bühne zu zeigen.
KURIER: Sie haben selbst das Thema Zyklus und Sport thematisiert. Gibt es einen Tag in Ihrem Zyklus, wo man von Anfang an weiß, das ist ein solcher guter Tag?
Julia Mayer: Ich bin den Marathonrekord in Valencia und meinen 10-Kilometer-Rekord in Paris genau an bzw. kurz vor meinem Eisprung gelaufen. Da kann ich komplett tief gehen. Da spüre ich keinen Schmerz. Das wäre der Idealzustand. Man kann das schwer beeinflussen, ich will es nicht fremdsteuern. Ich lasse die Natur so, wie sie ist und wie sie sein soll.
Wie gehen Sie bei den Bewerben mit diesem Wissen um?
Ich hab mir nach Wien, wo ich mit meiner Periode gelaufen bin und es mir richtig schlecht gegangen ist, vorgenommen, dass ich bei den kommenden Rennen komplett ausblenden werde, in welchem Teil des Zyklus ich gerade bin. Egal, ob die Periode einen Monat ausbleibt – was vorkommt –, oder wenn ich die Periode gerade habe. Oder, was noch viel schlimmer ist, wenn ich kurz davor bin. Da lagere ich Wasser ein und bin drei Kilo schwerer, der Puls geht durch die Decke. Bei Bewerben hilft mir diese mentale Strategie.
Und im Training?
Mein letzter Zyklus war z. B. war extrem lang. Etwa 48 Tage. Ich dachte mir schon, die Periode werde ausbleiben. Eine Woche lang war ich am Ende. Ich hatte keine Kraft mehr, meine Beine haben sich angefühlt wie Steine. Aber ich bin in solchen Momenten zum Glück von Leuten umgeben, die versuchen, mich da rauszuziehen. In diesem Fall war ich in der Ramsau mit meinem Trainer, und wir hatten eine richtig harte Trainingswoche geplant. Er meinte aber dann, wir gehen in dieser Woche nicht über das Limit.
Sie wissen also, wie viele andere Frauen, nicht immer genau, wann die Periode einsetzen wird?
Ja. Entweder sie kommt punktgenau, oder sehr viel später, eine Woche, oder mehr. Manchmal hängt das damit zusammen, dass ich mit meiner Ernährung experimentiere. Dann weigert sich mein Körper.
Was tun Sie dann?
Ich versuche, mich davon nicht stressen zu lassen. Ich glaube, das Wichtigste, was man einer Frau in so einer Situation sagen kann, ist, dass sie versuchen soll, sich zu entspannen.
Sie haben gesagt, dass Sie diese Sachen mit Ihrem Trainer besprechen. War das schon immer so?
Auch bei meinem allerersten Trainer, als ich noch nicht im Spitzensport war, war das schon Thema. Meinen jetzigen Trainer (Vincent Vermeulen, Anm.) habe ich, seit ich Profi bin. Als wir begonnen haben miteinander zu arbeiten war meine Periode schon seit einem Jahr ausgeblieben. Ich bin damals in Richtung einer Essstörung geschlittert. Habe auch gemerkt, dass meine Leistung abfällt. Er wollte mich damals nur übernehmen, wenn wir es schaffen, dass ich meine Tage wieder bekomme.
War das damals für Sie schon normal, dass man mit seinem Trainer über dieses Thema spricht?
Nein. Ich wusste, dass er Profi ist und mit Profis trainiert hat. Im Skifahren, Radfahren usw. Aber ich wusste nicht so ganz, warum er mich darauf ansprach. Ich kannte ihn schon lange, und es war auf keinen Fall unangenehm. Eher dachte ich mir, „cool, dass ihm das als Mann wichtig ist“.
Wie sind Sie das dann angegangen?
Ich habe versucht, wieder ein normales Essverhalten an den Tag zu legen. Und innerhalb von zwei Monaten hatten wir das im Griff.
Es geht im Training auch darum, was der Körper leisten kann und wie verletzungsanfällig er ist. Werden diese Aspekte eingearbeitet?
Wir können Schwankungen z. B. bei Puls oder Schlafqualität mit den verschiedenen Phasen des Zyklus erklären. Es ist wie im Bilderbuch, jede Zykluswoche ist bei mir anders. Bin ich gut drauf, steuert er das Training intensiv. Wenn ich hingegen gerade auf meine Tage warte, sieht mein Trainer mir das an und geht vielleicht auch einmal runter vom Gas. Aber nur minimal.
Würden Sie sagen, Sie steuern Ihr Training nach dem Zyklus?
Wir wissen, dass das beste Instrument ist, das wir haben. Da haben wir einen großen Vorteil gegenüber den Männern. Denn wenn ich regelmäßig meine Tage bekomme, wissen wir, dass Ernährung, Belastung und Regeneration stimmen. „Steuern“ ist vielleicht übertrieben, aber bevor ich an mein Limit gehe, geht der Trainer vorher einen Gang runter.
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