Österreich eine Sportnation? "Nein, das sind wir nicht"

Österreich eine Sportnation? "Nein, das sind wir nicht"
Hans Niessl, Peter McDonald und Conny Wilczynski über den Zustand des heimischen Sports und was für eine erfolgreiche Zukunft fehlt.

Eine Sportnation? Nein – da sind sich Hans Niessl, Peter McDonald und Conny Wilczynski einig – eine Sportnation ist Österreich nicht. Dafür sind der Präsident von Sport Austria, der Chef der Sportunion und die Handball-Legende zu oft mit ihren Forderungen im Nirwana der Bürokratie gelandet.

Seit Jahren fordern Sportvereine, die keinen Platz für Nachwuchstrainings haben, etwa die Öffnung der Schulen für Trainingszwecke. Turnsäle und Sportplätze von Bildungseinrichtung stünden 180 Tage pro Jahr leer, stellte eine Studie der Sportunion fest. Und dennoch sind Fußball-, Handball- oder Basketball-Klubs auf den guten Willen der Direktionen angewiesen, um die Räumlichkeiten nutzen zu können.

Checkpoint mit Hans Niessl, Conny Wilczynski und Peter McDonald

Eltern-Kind-Turnen und Rolling-Stones-Konzerte

Die Nachfrage ist vorhanden. „Eltern-Kind-Turnen sind ausverkauft wie Rock-Konzerte der Rolling Stones, innerhalb von drei Minuten. Der Zulauf ist da. Was fehlt, ist ein klares Commitment der Politik“, sagt Peter McDonald. 

Ähnlich sieht das Wilczynski. Die Euphorie der Handball-EM sei nicht notwendig, um junge Menschen zu diesem Sport zu bewegen. „Sie laufen uns längst die Türen ein“, jedoch wäre es zu wünschen, dass die Entscheidungsträger nun auf den Zug aufspringen. „Es geht um eine Haltung, welche Rolle der Sport im Privatleben einnehmen soll. Wir sind nicht auf Medaillenkurs, was den Stellenwert betrifft. Es fehlt an Rahmenbedingungen und Infrastruktur, Sport ist für die Politik ein Nebenfach“, so der Ex-Handballer.

Endlich handeln

Hans Niessl fordert mit Sport Austria eine Infrastruktur-Offensive von einer Milliarde Euro in der kommenden Legislaturperiode für den Sport. „Es fehlt teilweise die Infrastruktur, man muss umdenken. Jedes Kind soll schwimmen können, zuletzt wurden aber viele Schwimmbäder zugesperrt. Fordern ist das eine, umsetzen das andere.“ 

Das sieht auch McDonald ähnlich: „Wir müssen vom Reden ins Tun kommen. Wenn manche Schulen an 180 Tagen für den Sport geschlossen sind, dann muss ich das System verändern mit einem digitalen Öffnungs- und Buchungssystem.“ Damit Ausreden und skurrile Antworten im Abseits stehen. Niessl: „Wenn ich höre, dass die Schulen im Sommer eine Generalreinigung erhalten, dann antworte ich, dass Spitäler deswegen auch nicht zusperren.“

Sport als "Hauptfach"

Es geht um gesunde Lebensjahre und das Thema Pflege in den kommenden Jahrzehnten. Der Sport ist ein Mittel, dem entgegenzuwirken. Wilczynski: „Sport ist das beste Investment, er ist ein viertes Hauptfach in der Schule, kein Nebenfach. Es fehlt hier der Weitblick.“ Niessl: „Mehr Prävention, weniger Reparatur hinterher. Da hat es massive Versäumnisse in der Vergangenheit gegeben.“ Österreich, eine Sportnation? Wilczynskis trauriger Befund: „Nein, das sind wir leider nicht.“

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