Sport-Stars im Schatten: Das sind Österreichs unbekannte Weltmeister

Dodgeball-Meisterschaft in Liesing.
Sie stehen kaum im Rampenlicht und gehören weltweit doch zu den Besten ihres Faches: Dodgeballer, Radballer oder Jetski-Fahrer. Ein Rundgang durch Österreichs Sport.

Es wurlt in der Halle, Schuhsohlen quietschen, Kommandos werden gerufen: „Eins, zwei, drei, ...!“ Das Feld ist mit Netzen in drei Bereiche geteilt, die jeweils die Abmessungen eines Volleyball-Platzes haben. 

36 Spieler und Spielerinnen sind zeitgleich in Action, dazu kommen die Ersatzspieler, Betreuer und Referees. 18 Spiele à 40 Minuten werden an diesem Sonntag vor Weihnachten im Haus der Begegnung in Liesing absolviert.

„Das ist das Schöne am Dodgeball. Wir können in einer Halle sehr viele Leute in Bewegung bringen“, sagt Daniel Malik. Malik ist nicht nur Lehrer für Bewegung und Sport an einer AHS in Wien und weiß, dass „wir viel zu wenige Turnsäle“ haben. Malik ist auch Präsident der Austrian Dodgeball Association.

Dodgeball? Was ist das bloß wieder?

Zwei Männer stehen in einer Turnhalle und schauen zu einem Handballspiel.

Die Macher: Max Golda (mit Schal) und Präsident Daniel Malik

Eine besondere Variante des Völkerballs

Der Sport ist eine Variante des Völkerballs. Zwei Teams mit je sechs Akteuren stehen einander gegenüber, fünf Bälle sind im Spiel, wer getroffen ist, muss raus. „Es gibt kaum einen Sport, der mehr Varianten und Flexibilität zulässt“, sagt Malik. Max Golda, auch im Vorstand des Verbandes und Organisator der Meisterschaft, ergänzt: „Die Komplexität mit den fünf Bällen ist sehr hoch. Es ist faszinierend, wie viel Strategie da dabei ist.“

Beim Anpfiff laufen die Spieler der Teams auf die fünf in der „neutralen Zone“ liegenden Bälle zu, dann ziehen sie sich wieder zurück und das Spiel beginnt so richtig. Ziel ist es, das gegnerische Team durch Abwerfen oder Fangen der Bälle vom Platz zu nehmen.

Wer einen Ball in den Händen hält, darf damit einen heranrasenden Ball abblocken. Das Team mit den meisten Satzsiegen gewinnt. Da sich so viel tut auf dem Feld, haben auch die Schiedsrichter nie ganz den Überblick. Fair-Play ist deshalb das Um und Auf. Wer getroffen ist, hebt die Hand und marschiert freiwillig raus.

2012 haben Malik und sein Team das erste Dodgeball-Event in Österreich organisiert. Entstanden ist es aus einem Projekt an der Sportuni auf der Schmelz. Der Spaß-Veranstaltung folgten mehrere USI-Kurse, der Schulcup mit 180 teilnehmenden Teams, die Etablierung einer starken Liga und die Gründung des Nationalteams. Eines äußerst erfolgreichen Nationalteams. 

Im Vorjahr gewann Österreich bei der Weltmeisterschaft in Edmonton (Kanada) Gold bei den Damen und im Mixed-Bewerb, Silber ging an das Herren-Team. Bei der Europameisterschaft in diesem Jahr in Osijek (Kroatien) ging Gold wieder an das Mixed-Team. Damen und Herren wurden Zweite.

Volleyballspielerinnen des DC Vienna State Sp. im Spiel.

Zwei Teams in Sportbekleidung stehen sich in einer Turnhalle gegenüber.

Ein Trainer von Austria beobachtet das Spiel hinter einem Netz.

Ein Volleyballteam der Vienna State Spartans formt einen Kreis mit ihren Fäusten.

Von einer Empore aus wird ein Badmintonspiel auf mehreren Laptops beobachtet und analysiert.

Dodgeball-Meisterschaft in Liesing.

Als offizieller Sport anerkannt ist Dodgeball in Österreich nicht, die Kriterien von Sport Austria können nicht erfüllt werden. Daraus folgt wiederum, dass es kaum Sportförderung oder Zuschüsse gibt. Golda: „Bei der WM in Kanada hat sich jeder Spieler die Reise selbst bezahlen müssen.“

Bei der kommenden Weltmeisterschaft hat Österreich Heimvorteil. Von 11. bis 17. August 2024 werden in Graz 30 Nationen und bis zu 120 Teams (Herren, Damen, Mixed) um die Medaillen spielen. „Wir versuchen, die WM zu finanzieren“, sagt Malik. „Auf dodgeball.at hat man bei der Sponsorverlosung mit 500 Euro die Chance, Hauptsponsor einer Weltmeisterschaft zu werden.“

Radball: Österreichs Antwort auf Lionel Messi

Dodgeball ist nicht die einzige eher noch unbekannte Sportart, in der Österreich zur Weltklasse zählt. Wenn Patrick Schnetzer etwa am Ball ist, dann machen viele große Augen.  Diese enge und elegante Ballführung;  diese Pässe übers halbe Feld, die punktgenau und einschussbereit beim Teamkollegen landen; dieses geniale Spielverständnis, das den Vorarlberger auszeichnet; und nicht zuletzt  seine harten Schüsse, die  zielsicher im Tor landen –  Schnetzer macht Sachen, die  viele Fußballer gerne können würden.

Und dabei rührt er keinen Fuß. Dem  30-Jährigen reicht der Vorderreifen seines Spezialfahrrades, damit drückt er seine Spielfreude aus und offenbart sein beeindruckendes Ballgefühl. „Fußball spielen kann praktisch jeder, aber wir  Radballer können etwas Besonderes. Wir gehören nicht zum Mainstream.“ 

Patrick Schnetzer ist so etwas wie der Lionel Messi des Radballs, nur noch hochdekorierter. Der Vorarlberger gewann bereits siebenmal den EM-Titel, er ist achtfacher Weltmeister und  neunmaliger Gesamtweltcupsieger – auch im Kalenderjahr 2023 sicherte sich Schnetzer mit seinem Partner Stefan Feurstein wieder die begehrte Trophäe.  

„Es ist etwas komplett  anderes als das normale Radfahren“, erzählt der Champion, der im Alter von sieben Jahren seine ersten Rollversuche auf dem Spezialrad machte. „Man kann sich nicht einfach draufsetzen und herumfahren. Es dauert schon zwei, drei Jahre, bis man das Rad im Griff hat und mit dem Ball etwas anfangen kann.“ 

Jet-Ski: Ein Niederösterreicher ist der König der Wellen

Die meisten kennen dieses Gefährt nur vom Sommerurlaub am Wasser. Und aus der Ferne betrachtet, sieht Jetski-Fahren irgendwie auch spielerisch leicht aus. Das ist es zumindest für Kevin Reiterer.

Ein Mann fährt bei Sonnenuntergang mit einem Jet-Ski über das Wasser.

Der 31-jährige Niederösterreicher ist als mittlerweile siebenfacher Weltmeister einer der Stars der Szene, die die Athleten rund um den Globus führt.  Reiterer gibt sein Wissen längst auch als Trainer (u. a. des kambodschanischen Jetski-Teams) weiter, die neue Rolle hindert ihn aber dennoch nicht daran, den jungen Athleten immer wieder die Grenzen auf dem Wasser aufzuzeigen.

Von 0 auf 100 km/h in weniger als 3 Sekunden

Die Beschleunigung eines Jetskis unterscheidet sich dank eines Motors von einem Superbike-Motorrads nicht groß von jener eines Rennwagens (maximal drei Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h). Die Schutzausrüstung helfe bei einem Sturz, sagt Reiterer, doch „ab 60 km/h wird es schmerzhaft“.

Dass Reiterer, der auf eine professionelle Crew vertrauen kann, selten abgeworfen wird, liegt auch an seiner langjährigen Erfahrung. Das erste Mal unterwegs mit dem Jetski war er im Alter von nur sechs Jahren. Übung macht eben den Weltmeister.  

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