KURIER: Eine Frage vorweg: Wie spricht man Ihren Namen korrekt aus?
Zhou Guanyu: Es ist eigentlich ganz einfach: Tscho Bajü. Also Tscho, wie Joe. Bei uns in der chinesischen Kultur steht ja der Familienname vorne.
Wie verlief Ihr Weg in den Motorsport?
Ich war schon immer ein Riesen-Fan von Rennautos, dieser verrückte Lärm, die Geschwindigkeit ... das hat mich schon als Kind fasziniert, obwohl ich aus keiner Motorsport-Familie komme.
Aber Ihr Vater war doch Autohändler?
Das stimmt, aber Motorsport hat mit Autohandel rein gar nichts zu tun. Ich hatte schon immer die Leidenschaft für den Motorsport. Meine ersten Versuche sind sehr gut gelaufen, ich habe schnell auch die älteren Kinder besiegt.
Als Zwölfjähriger sind Sie mit der Familie nach London übersiedelt. Nur wegen des Sports?
Ja. Aber genauer gesagt wegen meines Traums von der Formel 1. Ich habe daheim alles gewonnen, was ich im Kartfahren gewinnen konnte. In China bin ich angestanden. Darum wollte ich in die Heimat des Motorsports nach Europa, nach England. Die britischen Fans haben eine unglaubliche Leidenschaft und viele Formel-1-Fahrer sind Briten. Die wissen schon, wie es geht.
Motorsport ist teuer. Ist Ihre Familie reich?
Es gibt viele reiche Familien in China, aber zu meiner passt das Wort „reich“ nicht. Ich würde es als „gute Familie“ bezeichnen, der es möglich war, mich zu unterstützen.
Wenn man an chinesische Sportler denkt, denkt man oft an den Staat dahinter. Hatten Sie staatliche Unterstützung?
Um ehrlich zu sein, nicht sehr viel. Motorsport ist kein klassischer Sport für Chinesen. Es war meine Familie, die mich auf meiner Reise in die Formel 1 begleitet hat – und dann natürlich mein Team.
Wie wichtig ist Motorsport in Ihrer Heimat?
Andere Sportarten sind größer. Tischtennis ist enorm wichtig, aber jedes Jahr wird die Zahl der Motorsport-Zuschauer höher. Und mit meinem Engagement wird das Interesse an der Formel 1 noch deutlich steigen, das ist für mich natürlich sehr wichtig.
Wie wollen Sie in Ihrer Heimat gesehen werden?
Als ein Rennfahrer, der seinen Traum erreicht hat, den er schon als Kind gehabt hat. Vielleicht können das andere Menschen auf ihren Lebensbereich umlegen. Man sieht, es ist möglich, wenn man die Leidenschaft über viele Jahre hat.
Werden Sie schon auf der Straße erkannt?
Natürlich. Ich gehe davon aus, dass meine Bekanntheit auch zu Hause in Schanghai deutlich steigt, wo jeder die Formel 1 kennt und wo die Rennen jetzt wieder im Free-TV übertragen werden. Sogar in London werde ich auf der Straße angesprochen. Man verliert dadurch zwar einiges an Privatsphäre, aber es bedeutet auch, dass man etwas erreicht hat.
Spüren Sie den Druck, der auf Ihnen lastet?
Der Druck ist geringer als letztes Jahr. 2021 habe ich in der Formel 2 abliefern müssen, ich habe gewusst, das war meine letzte Chance. Wenn ich nicht unter die besten drei der WM gekommen wäre, wäre die Chance auf die Formel 1 für immer sehr, sehr gering gewesen. Jetzt spüre ich einen anderen Druck. Ich muss mich möglichst schnell anpassen und viel lernen.
Haben Sie Vorbilder?
Von Anfang an war das Fernando Alonso. Er war mein Kindheitsidol. Und am Sonntag werde ich gegen ihn ein Rennen fahren.
Ihr Titelfavorit wird Alonso aber nicht sein?
Es wäre großartig, wenn einmal jemand anderer gewinnen kann. Charles (Leclerc; Anm.) schaut stark aus. Warum nicht er?
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