Teil 1: Das Land
Die Obersteiermark hatte und hat es nicht leicht, das weiß auch Manfred Lenger. Er ist ein Kind der Region und seit 2013 Bürgermeister von Spielberg. „Die Landflucht hält sich bei uns in Grenzen. Wir sind entgegen dem Trend in der Region im vergangenen Jahrzehnt immer ein wenig gewachsen. Das hat bestimmt auch, aber nicht nur mit der Existenz des Rings zu tun“, sagt der SPÖ-Mann.
Mit rund 150 dauerhaft Angestellten ist der Ring mittlerweile der größte Arbeitgeber in der Gemeinde. Als Spielberger dürfe man „stolz und dankbar sein, was Herr Mateschitz hier geschaffen hat“, sagt der Ortschef der 5.500-Einwohner-Gemeinde.
Das Engagement der Betreiber gehe weit über das Abhalten von Motorsport-Events hinaus: „Sie beteiligen sich massiv an Infrastruktur-Projekten in der Region, etwa den Ausbau der Fahrradwege.“ Auch über die Wiederbelebung des alten Zugbahnhofs im Ort wird aktuell wieder nachgedacht.
All dieser Einsatz habe so manchen Kritiker verstummen lassen. Von denen gab es einige bei Projektstart, vor allem aufseiten der Umweltschützer. „Es gibt weiterhin viele Auflagen, an die sich aber penibel gehalten wird“, sagt Bürgermeister Lenger, dem eines imponiert: „Es ist gelungen, ein globales Sportspektakel auszurichten und gleichzeitig den Geist der Region zu erhalten.“
Dieser Charme lockt viele an. Es ist kaum Zufall, dass Vater und Mutter Vettel ihren Urlaub derzeit im Campingwagen an der Rennstrecke verbringen. Dabei ist Sohn Sebastian, der vierfache Weltmeister, seit dieser Saison gar nicht mehr Teil der Formel 1.
Teil 2: Der Sport
Fürchterlich sei das 2014 gewesen, sagt Nico Hülkenberg. Der 35-jährige Haas-Pilot meint die Rennwagen, die im Premierenjahr um den Red-Bull-Ring kreisten. Langsam und behäbig seien sie gewesen, es war die erste Saison, in der die Formel 1 Hybrid-Motoren einsetzte. Es sah nach Zukunft aus – und klang auch so. „Wie Nähmaschinen“, erinnert sich Hülkenberg, der ein geeigneter Gesprächspartner ist, wenn es darum geht, die sportliche Entwicklung in den jüngsten zehn Jahren zu beschreiben.
Er fuhr damals für Force India, ein Team, das es in dieser Form längst nicht mehr gibt. Vier weitere Arbeitgeber hatte er seither – inklusive einer unfreiwilligen Zwangspause, die er als Experte bei ServusTV verbrachte. „Die Ästhetik der Autos und das Rennfahren an sich sind viel besser geworden.“
Ein sportlich überlegenes Team hätte es auch damals gegeben. Mercedes dominierte die Anfänge der Hybrid-Ära – wie es derzeit Red Bull tut. „Aber die Lücke lässt sich nun viel schneller schließen.“ Ein Mittel zum Zweck ist unlängst eingeführte Budgetobergrenze, dank der die Rennställe nicht mehr endlos Geld verbrennen dürfen. Das schränkt vor allem die reicheren und großen Hersteller zumindest etwas ein.
Ausgebaut wurde der Rennkalender auf mehr als zwanzig Grands Prix pro Jahr. Europa bleibt die Kernregion mit weiterhin rund 30 Prozent der Rennen. Einen leichten Rückgang verzeichnet Asien, während im heißen und zahlungskräftigen Mittleren Osten mittlerweile vier Mal Station gemacht wird. Dazu kommen heuer erstmals drei Rennen in den USA (Miami, Austin, Las Vegas).
Teil 3: Das Geschäft
Als die Formel 1 zum ersten Mal auf dem Red-Bull-Ring kreiste, war es den Rennställen nicht erlaubt, kurze Videos von den Fahrten ihrer Autos ins Internet zu stellen. In der Welt von Bernie Ecclestone, dem damaligen Chef der Rennserie, waren Bewegtbilder exklusiv den zahlenden TV-Anstalten vorbehalten, soziale Medien hielt der greise Brite gleichermaßen für wert- und nutzlos.
Mit der Übernahme des US-Konzerns Liberty Media im Herbst 2016 für mehr als vier Milliarden US-Dollar haben sich Vermarktung und Präsentation der Königsklasse diametral verändert. Durch Maßnahmen wie die Netflix-Doku „Drive to survive“ ist die Fanbasis nicht nur größer, sondern auch jünger geworden. Das beweisen auch die Besucherzahlen in Spielberg. Zählten die Veranstalter 2017 an den drei Renntagen noch 203.000 Fans vor Ort, werden heuer – wie auch schon im Vorjahr – mehr als 300.000 erwartet.
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