Traditionell stattete der im Herbst vergangenen Jahres verstorbene Firmengründer seinen beiden Rennställen im Rahmen der Testfahrten einen Besuch ab. Der öffentlichkeitsscheue Milliardär kam frühmorgens mit dem Privatflieger, eilte wortlos, aber mit einem freundlichen Lächeln durch das Fahrerlager, um in abgesperrten Bereichen Gespräche mit dem Toppersonal zu führen. Nach ein paar Stunden war er wieder in der Luft – und auf dem Boden brodelte die Gerüchteküche.
Diese Tradition hielt Oliver Mintzlaff gestern hoch, als er zunächst mit Helmut Marko, dem mächtigen Motorsportberater aus Graz, frühstückte, und wenig später Christian Horner, der englische Teamchef des Weltmeisterteams, dazustieß.
Nicht wenige meinen, dass sich mit der Neuaufstellung der Führungsriege in Fuschl mittel- und langfristig auch die Ausrichtung einiger Geschäftsfelder ändern könnte – womöglich sogar beim höchst erfolgreichen Formel-1-Engagement, dem Prestige- und Herzensprojekt von Dietrich Mateschitz.
Sportlich läuft es nach zwei von den drei Testtagen exzellent, in die neue Saison ab 5. März wird Weltmeister Max Verstappen als Topfavorit starten. Der mit einer Jahresgage von kolportierten 50 Millionen Euro teuerste Angestellte des gesamten Konzerns ist ein Eckpfeiler des Formel-1-Projekts, das prinzipiell nicht zur Debatte steht. Erstens ist die Rennserie mittlerweile auch abseits des PR-Effekts in den Bilanzen ein gutes Geschäft; zweitens nimmt Red Bull gerade Hunderte Millionen in die Hand, um ab 2026 auch mit einem eigenen Motor im Heck an der Startlinie zu stehen.
Dafür ins Boot geholt hat sich der österreichisch-englische Rennstall vor Kurzem den Autogiganten Ford, offiziell als Technikpartner. Doch neben einem noch besseren Zugang zum US-Markt wird aus Detroit in den kommenden Jahren in erster Linie eines geliefert werden: frisches Geld.
Die Unabhängigkeit ist – anders als beim von Mateschitz favorisierten, aber kurz vor dem Ziel gescheiterten Deal mit Porsche – obendrein gewahrt. „Was wir jetzt mit Ford haben, ist ein ziemlich geradliniger Vertrag. Es wechseln keine Anteile den Besitzer, und es gibt keinen Kontrollwechsel im Business. Es ist eine rein kommerzielle und technische Vereinbarung“, sagte Christian Horner.
Der Engländer gilt als federführend hinter dem Ford-Deal. Offen ist, ob und wie sehr sich Horners Einfluss im Konzern künftig ändert. Obwohl seit 2005 an der Spitze des Rennstalls, waren es oft Marko und Mateschitz, die die großen Entscheidungen auf direktem Wege trafen und die grundlegende Richtung vorgaben.
Wer und wohin steuert Red Bull? Diese Fragen sind aktueller denn je. Beantwortet wurden sie gestern, in allerbester Mateschitz-Manier, natürlich nicht.
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