Als Hamilton so ausgelassen jubelte, hatte er über Funk nur erfahren, dass Verstappen gesund sei. Dass er sich zu weiteren Untersuchungen im Spital befand, wusste er nicht. „Lewis hat dagegengehalten, weil er auf der Innenseite war“, sagte ORF-Experte Robert Lechner. „Max ist um den Sieg gefahren und hat nicht nachgegeben. Dann kam dieser mega Einschlag. Aber da einen Schuldigen auszumachen, ist nicht leicht.“
Am nächsten dran war Charles Leclerc. Der Ferrari-Mann raste beim Crash hinterher. „Ich glaube, das war ein normaler Rennunfall. Offensichtlich hat Lewis innen noch Platz gehabt, aber auch Max war außen sehr aggressiv.“
Jener Max Verstappen, der zweifellos einer der begnadetsten Piloten im Feld ist, aber auch jener, der nach dem Grosjean-Feuerunfall 2020 noch gesagt hatte, alle Fahrer seien „Memmen“, die eine Absage des Rennens in Betracht ziehen würden. Am Sonntag bezeichnete er Hamilton als „respektlos“, weil dieser den Sieg gefeiert hatte.
Jahrelang war Verstappen der aggressive Jäger – und hatte nicht viel zu verlieren. Hamilton musste stets auf das große Ganze schauen und zog im Zweikampf oft zurück, um einen Unfall – und damit Ausfall – zu verhindern. Nun haben sie die Rollen getauscht. „Wenn du hinten liegst, musst du alle Waffen in deinem Arsenal schärfen“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Verstappen sitzt im überlegenen Auto und liegt in der WM vorne. Hamilton sah die Lücke und seine Chance und zog voll durch. Er befand sich auf der Innenseite der Kurve und war fast schon auf gleicher Höhe. Ein hartes Manöver, doch Verstappen hätte den Unfall auch verhindern können.
Klar ist, dass kein Formel-1-Fahrer bei 290 Stundenkilometern im achten Gang absichtlich einen Crash herbeiführt, denn genauso gut hätte auch Hamilton abfliegen können. Vielleicht hat der siebenfache Weltmeister die Strafe verdient. Doch war sie zu gering? Ein Crash darf nicht an seinen Folgen gemessen werden. Dass Verstappen derart abflog und mit 51g in die Reifenstapel krachte, war auch großes Pech.
Klar ist aber auch, dass es Red Bull in der Hand gehabt hätte, Hamiltons Sieg zu verhindern. Doch Sergio Pérez war keine Hilfe. Der Mexikaner schmiss sein Auto schon im Sprintrennen am Samstag weg und fuhr am Sonntag im Niemandsland hinterher.
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