Mercedes rüttelt an Formel-1-Hierarchie

Mercedes rüttelt an Formel-1-Hierarchie
Der rasante Aufschwung der Silberpfeile macht die Konkurrenz nervös.

Nach dem zweiten Saisonsieg von Nico Rosberg am Sonntag in Silverstone rüttelt Mercedes pünktlich zum Heimrennen auf dem Nürburgring am kommenden Sonntag immer kräftiger an der Formel-1-Hierarchie. "Wir haben ein tolles Momentum im Team, es geht stetig bergauf", stellte Rosberg zufrieden fest. Mercedes hat schon jetzt mehr Punkte gesammelt als in der gesamten Vorsaison.

Rosbergs verdienter Erfolg in Großbritannien dürfte vor allem den schwelenden Konflikt mit dem um seine Vorherrschaft besorgten Serien-Weltmeister Red Bull weiter befeuern. Der erfolglose Protest von Red-Bull-Motorsportdirektor Helmut Marko gegen Rosbergs Sieg war der nächste unfreundliche Akt im Zwist der beiden Rennställe.

Die Sparpolitik ist vorbei

Die Sorge beim Getränkekonzern vor einem sich anbahnenden Titanen-Duell auf der Rennstrecke scheinen begründet. Nach drei Frustjahren hat Mercedes die Erfolgsformel gefunden. Fünf Pole Positions in acht Rennen beweisen, wie schnell der W04 ist. Und nach Problemen im Dauerlauf zum Saisonanfang kann der Silberpfeil nun auch über die Renndistanz mit der Spitze mithalten. Der zunächst führende Lewis Hamilton raste nach seinem Reifenplatzer noch von ganz hinten auf Rang vier. "Das Team hat eine perfekte Arbeit geleistet", lobte Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda via RTL.

Der Österreicher und sein Landsmann Toto Wolff als neuer Motorsportchef haben den in Selbstzweifeln gefangenen Rennstall in kurzer Zeit zum frech-forschen Siegerteam getrimmt. Der Kurswechsel ist klar: Die Sparpolitik ist vorbei, mit spürbar erhöhtem Budget und frischem Spitzenpersonal setzt Mercedes aggressiv auf Attacke. "Ich möchte die geballte Power des Konzerns nutzen", sagte Wolff in Silverstone. "Jetzt müssen wir weiter Gas geben, denn wir möchten in dieser Saison noch viel mehr erreichen."

Spannungen zwischen Red Bull und Mercedes

Der ungemeine Vorwärtsdrang des Verfolgers verunsichert anscheinend sogar das Weltmeisterteam. Sebastian Vettels Arbeitgeber Red Bull strengte sich zuletzt mächtig an, Mercedes wegen des umstrittenen Privattests mit Reifenlieferant Pirelli vor ein Gericht des Weltverbands zu bringen und eine harte Strafe zu erwirken. Dass der Gegner mit einer Verwarnung und der Sperre für den Nachwuchstest glimpflich davonkam, gefiel der Red-Bull-Spitze gar nicht. "Es gibt für mich eine Grenze, und die wurde von Red Bull überschritten", ließ Mercedes-Manager Wolff wissen.

Im "Home of British Motor Racing" flogen die Giftpfeile. "Dauerhaft ist es nicht akzeptabel, dass ein Brausehersteller 100.000 Mercedes-Benz-Mitarbeitern vor der Nase herumfährt", sagte Wolff provokant. "Solche unqualifizierten Äußerungen ignorieren wir nicht einmal - wortwörtlich bitte!", konterte Red-Bull-Statthalter Helmut Marko.

Hamilton und Rosberg noch im Rennen

An den Zahlen ändert das nichts. In der Konstrukteurswertung zog Mercedes in Silverstone an Ferrari vorbei auf Platz zwei und hat nur noch Red Bull vor sich. Schon nach acht Saisonrennen hat Mercedes 29 WM-Punkte mehr gesammelt als in den 20 Läufen des Vorjahres. Hamilton und Rosberg sind als Vierter und Sechster der Fahrerwertung durchaus noch im WM-Rennen. An diesem Trend müsse man "ruhig weiterarbeiten", mahnte Wolff. Mit der Ruhe aber wird es vor dem Mercedes-Heimspiel in der Eifel ganz sicher nichts.

Bilder vom Silverstone-Grand-Prix

Nach den Reifen-Explosionen beim Formel-1-Rennen in Silverstone hat Weltverbandschef Jean Todt "umgehende Lösungsvorschläge" von Hersteller Pirelli gefordert. "Die Sicherheit der Fahrer ist unsere Priorität", sagte der Franzose nach dem Großen Preis von Großbritannien. Pirelli wurde zu einer Dringlichkeitssitzung der Sport-Arbeitsgruppe der Formel 1 am Mittwoch auf dem Nürburgring geladen. Offen ist, ob die Änderungen bereits beim Deutschland-Rennen am Sonntag greifen werden.

In Silverstone waren reihenweise Reifen geplatzt. FIA-Rennleiter Charlie Whiting bekannte, er sei "ziemlich dicht" vor einem Abbruch des Grand Prix gewesen. Die Fahrer reagierten mit Wut und großer Sorge auf die Vorfälle. "Das ist einfach nicht akzeptabel. Sie machen erst etwas, wenn jemand verletzt wird", schimpfte Mercedes-Pilot Lewis Hamilton.

Pirelli konnte die Reifenschäden zunächst nicht erklären. "Wir haben etwas gesehen, das wir nicht verstehen", sagte Motorsportdirektor Paul Hembery. Wegen des Ärgers um hohen Reifenverschleiß zu Saisonanfang hatte der Hersteller in Silverstone mehr Klebemittel für die Pneus verwendet. Dies könnte eine Ursache für die Vorfälle gewesen sein.

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