Wen(n) Fußball langweilt
„Ich war ein sehr aufgewecktes Kind“, sagt Rakić im Interview und erzählt von seiner Geschichte: Schlägereien am Schulhof, Fouls beim Kicken und ein Fußballverein, der ihn nicht wollte. „Mein Vater meldete mich 2005 zum Kickboxen an.“
Nach sechs Jahren und ca. 40 Kämpfen brauchte er „mehr“ und entdeckte MMA. „Es ist eine ganz besondere Kampfsportart. Du kannst boxen, kicken, Ellbogen und Knie verwenden oder den Gegner auf den Boden bringen und weiterringen. Wenn ich ins Gym komme, geht mir das Herz auf.“
Bei Kritikern dreht sich eher der Magen um. MMA sei reine Gewaltverherrlichung. Der Grad zwischen Sport und Gewalt ist für Außenstehende schmal. „Doch die Leute dürfen nicht vergessen, dass wir Hochleistungssportler sind, verschiedene Sportarten wie Boxen, Ringen, Judo, Thaiboxen etc. auf höchstem Niveau trainieren.“ Ziel ist es, den Gegner in einem fairen Kampf mit strengen Regeln und unter Aufsicht zu besiegen – und „nicht zu zerstören, auch wenn wir das, im Trash Talk manchmal sagen.“
Bei Schlägereien außerhalb des Gyms verlieren Athleten ihre Kämpferlizenz. „Wir messen uns nur im Gym mit Gleichgesinnten oder auf einem Event – nicht auf der Straße“, betont Rakić. „Viele stempeln MMA als brutale Schlägerei ab und wissen überhaupt nichts darüber. Alles was sie sehen, sind zwei Typen, die sich in einem Käfig in die Gosch’n hauen.“
Der Käfig, auch Oktagon genannt, ist zur Sicherheit da, damit die Athleten im Bodenkampf nicht hinausfallen und sich verletzen. Treffer zum Kopf und Gehirnerschütterungen gibt es laut Studien weniger als beim Boxen, weil die Hälfte der Zeit gerungen wird. „Unser Sport schaut brutaler aus, weil oft am Boden weitergekämpft wird. Aber, wer am Rücken liegt, ist im MMA nicht wehrlos.“
Für den UFC-Kämpfer sind Sportarten wie Skifahren oder Formel 1 gefährlicher. „Kämpfer sehen die Gefahr kommen und sind bereit. Platzwunden gibt es auch beim Boxen. Wenn der Schiedsrichter im Kampf sieht, dass du dich nicht wehren kannst, wird sofort abgebrochen. Da sind sie streng. Außerdem gibt’s verpflichtende Medizinchecks.“
Seit 2017 ist der Wiener in der bekanntesten Liga der Welt unter Vertrag – der UFC, Ultimate Fighting Championship. „Ich habe das Glück, mich mit den besten der Welt messen zu dürfen.“
In der US-amerikanischen MMA-Organisation ist der 30-Jährige im Halbschwergewicht unter den Top 5. Dank seiner Erfolge und der Pionierarbeit anderer wird der Vollkontaktsport in Österreich bekannter. „In ein paar Jahren weiß jeder, was MMA ist. Mein Ziel ist es, UFC-Champion zu werden und ein Event nach Wien zu bringen“, sagt Rakić zuversichtlich.
17 Profikämpfe kann der Österreicher bislang vorweisen, davon 14 Siege und drei Niederlagen. „Vor acht Monaten riss ich mir zum dritten Mal mein Kreuzband.“ Deshalb übt er sich neuerdings in Geduld. „Am liebsten würd’ ich kämpfen, aber solche Verletzungen brauchen Zeit.“ Und die verbringt Rakić jetzt mit Familie und Freunden oder dem Aufbau der Marke ’Aleksandar Rakić’.
„Vor Kurzem kommentierte ich für DAZN in München ein UFC-Event – so etwas könnte ich mir öfters vorstellen. In Österreich fehlt die mediale Unterstützung leider noch. Obwohl unser Sport Menschen verbindet.“
Im einen Moment bekämpfen sich zwei Athleten. Im nächsten fallen sie sich respektvoll um den Hals. Durchtrainierte Muskelpakete, wie der 100 Kilo schwere und 1.95-Meter große Rakić, machen in Leggings, Aufwärmübungen wie Purzelbäume oder Räder. Frauen trainieren mit Männern und Muslime mit Christen. „Auf der Matte sind wir alle gleich“, sagt Rakić, der für neue Herausforderungen in der UFC wieder bereit ist.
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