Zitterpartie für den Überflieger

Stabhochspringer Lavillenie wäre bei der Hallen-EM in Prag beinahe in der Qualifikation gescheitert.

Die Zuschauer in der O2-Arena in Prag hielten den Atem an. Renaud Lavillenie - Franzose, 28 Jahre alt und der dominierende Stabhochspringer der Gegenwart - versuchte sich in der Qualifikation an der Anfangshöhe 5,70 Meter. Es war sein dritter und damit letzter Versuch. Renaud Lavillenie hat aber gute Nerven, auch in solchen Situationen. Er meisterte die Hürde zwar spät, dann aber mehr als souverän. Fast 30 Zentimeter lagen zwischen der Sprunglatte und seinem Körper.

Nun greift er bei der Hallen-EM nach seinem vierten Titelgewinn in Serie. Der Franzose ist solche Höhenflüge mittlerweile gewohnt. Vor sechs Jahren begann die Ära Lavillenies, in der Folge eilte er von Sieg zu Sieg. Niederlagen sind die absolute Ausnahme und vom 28-Jährigen auch nicht gerne gesehen. In seinem Sport, dem Stabhochsprung, ist er fast konkurrenzlos. An guten Tagen degradiert er seine Mitstreiter zu Statisten.

"Geht darum, Gold zu gewinnen."

Zitterpartie für den Überflieger
epa04648540 French pole vaulter Renaud Lavillenie during a press conference in Prague, Czech Republic, 05 March 2015. The European Indoor Championships will be held in Prague from 06 to 08 March 2015. EPA/BARTLOMIEJ ZBOROWSKI POLAND OUT
Passend dazu hält er mit 6,16 Höhenmeter den aktuellen Weltrekord. Dazu kommen je eine Hallen-WM- und Olympia-Goldmedaille sowie sechs Europameisterschaftstitel (inklusive Hallen-EM). Ein Ende dieser Erfolge ist nicht in Sicht. Wie hoch es für den Franzosen noch hinausgeht liegt ganz allein bei ihm. Bei der EM glaubt er jedenfalls nicht daran, seinen Höhenrekord brechen zu können: "Bei einer Meisterschaft geht es zuerst darum, Gold zu gewinnen. Erst dann geht es um die Höhe."

Und wer, wenn nicht der Titelverteidiger, könnte bei der EM erneut über sich hinauswachsen. Im vergangenen Jahr wurde er als erster Stabhochspringer zum "Welt-Leichtathleten" gekürt. Zurecht, denn 2014 war so etwas wie sein Jahr: Vom bereits erwähnten Weltrekord bis hin zu 21 Siegen in 22 Wettkämpfen. Lavillenie ist nahe dran an der Perfektion.

Das sind auch die Ansprüche, die der 28-Jährige an sich selbst stellt. Der Franzose ist ein Besessener, einer, der für seinen Sport lebt. Und noch dazu ein Perfektionist: In seinem Garten hat er sogar eine eigene Stabhochsprung-Trainingsanlage aufgebaut. "Wenn ich einmal gewonnen habe, will ich den zweiten Sieg. Und nach dem zweiten Mal will ich den dritten Sieg", beschreibt er seine Zielsetzung.

Wie der Vater, so der Sohn

Die Liebe für den Stabhochsprung kommt freilich nicht von ungefähr. Bereits als kleines Kind hatte Lavillenie Kontakt mit der Stabhochsprungmatte. Sein Vater legte ihm den Sport in die Wiege. So begann der Sohnemann bereits im Alter von sieben Jahren, sich mit der Leichtathletik auseinanderzusetzen. Doch die Erfolge blieben auf Junioren- und U23-Ebene aus. Erst 2009 gelang ihm dann der Durchbruch.

Mittlerweile ist er bereits in 86 Wettkämpfen mindestens 5,80 gesprungen. Seine letzte Niederlage datiert vom 21. August 2014, als er sich bei 5,60 Meter einen "Salto Nullo" leistete. Das sind dann aber zumeist eher die Ausnahme, als die Regel. Viel schmerzhafter war da schon die Pleite, die er bei der WM in Moskau 2013 einstecken musste: Im Finale unterlag er dem Deutschen Überraschungs-Sieger Raphael Holzdeppe. Ein WM-Titel im Freien fehlt Lavillenie noch, dann wäre seine Sammlung komplett.

Die nächste Chance dazu bietet sich heuer von 22. bis 30. August in Peking. Bis dahin ist noch etwas Zeit. Erst einmal gilt es die Hallen-EM in Prag hinter sich zu bringen. Im Optimalfall - man müsste fast schon Normalfall sagen - mit einer Goldmedaille für Renaud Lavillenie.

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