Bei welchen Symptomen sollte auch der Profi sofort pausieren?
Für Profisportler gilt das Gleiche wie für Hobbysportler. Jedoch sind Profis in der Regel besser medizinisch betreut, sodass deren Erkrankungen engmaschiger und umfangreicher durch deren Sportmediziner untersucht werden. Dadurch kann der Stand der Erkrankung besser abgeschätzt und eine möglichst frühzeitige, aber gefahrlose Rückkehr in das Training und Wettkampfgeschehen ermöglicht werden.
Spieler busseln einander nach einem Torerfolg wieder ab, als hätte es Covid nie gegeben. Sind Topsportler gegen das Virus immun? Nein. Auch das ist bei Topsportlern nicht anders als bei Hobbysportlern. Allerdings sind wir alle mittlerweile mit dem Corona-Virus so häufig in Kontakt gekommen, zusätzlich ist der Großteil der Bevölkerung geimpft, sodass unser Immunsystem auf dieses Virus trainiert wurde und so die Folgen einer Infektion in der Regel nicht mehr so gravierend sind, wie zu Beginn der Pandemie.
Immer öfter outen sich Topprofis als Vegetarier zuweilen auch als Veganer. Manche sprechen von einer Leistungssteigerung bis zu 25 Prozent. Einbildung oder realistisch?
In Deutschland sind zwei Prozent der Hochleistungssportler Veganer und 10 Prozent Vegetarier. Eine ernährungsbedingte Leistungssteigerung von 25 Prozent ist nicht möglich, wenn man zuvor bereits ein Topprofi bzw. Hochleistungssportler war und adäquat trainiert hat. Die jährlichen Leistungssteigerungen im Hochleistungssport liegen bei normalen Verläufen eher um ein Prozent, in einem olympischen Zyklus von vier Jahren maximal bei etwa vier Prozent.
Lange hieß es, Fußballer seien nicht annähernd so gut durchtrainiert wie Athleten anderer Sportarten. Hat dieses Narrativ noch Gültigkeit?
Nein. Wenn ich mich an meine Anfänge mit Untersuchungen im Fußball erinnere, sind die Spieler vom typischen Fußballer mittlerweile zu durchtrainierten und kompletten Athleten geworden. Daran hat insbesondere die zunehmende Professionalisierung des Fußballs ihren Anteil mit sportwissenschaftlich ausgebildeten Fitnesstrainern, aber auch Physiotherapeuten und Ernährungswissenschaftern in den Vereinen.
Viele im Ski-Zirkus gehen auf Krücken. Wobei es heuer auch die Besten der Besten erwischte. Gibt’s dafür sportmedizinische Erklärungen?
Man muss vorsichtig mit vorschnellen Urteilen sein. Doch es muss uns allen klar sein, dass der Profisport zu einer Unterhaltungsindustrie wurde und Sportler und Sportlerinnen die Gladiatoren der Neuzeit sind. Mittlerweile haben Medien und Sponsoren einen erheblichen Einfluss sowohl auf den Wettkampfkalender als auch die Verdienstmöglichkeiten der Sportler und Verbände. Gefühlt habe ich den Eindruck, dass sportmedizinisch und sportwissenschaftlich alle Register gezogen werden, um Überlastungen zu vermeiden, aber durch äußere Zwänge die erforderliche Regeneration zuweilen zu kurz kommt.
Gibt es konkrete Beispiele?
Mir fällt dazu etwa Alexander Aamodt Kilde ein. Er ging ein hohes Risiko ein, indem er mit einem noch nicht auskurierten Infekt am Lauberhorn beim längsten Abfahrtsrennen startete. Worauf er am Ende des Laufes sichtlich erschöpft stürzte.
Immer wieder wird von Profis mit Herzproblemen berichtet. Wird zu viel trainiert oder sind die Gesundheitschecks nicht ausreichend?
An zu viel Training im Spitzenfußball liegt dies nicht, denn es handelt sich entweder um angeborene Herzfehler oder erworbene Herzerkrankungen. Die sportmedizinische Tauglichkeitsuntersuchung im professionellen Fußball in Österreich richtet sich nach den Vorgaben der UEFA. Diese beinhalten u. a. jährlich ein Ruhe-EKG sowie alle zwei Jahre eine verpflichtende Ultraschalluntersuchung des Herzens und ein empfohlenes Belastungs-EKG. Hinzu kommen Untersuchungen des Blutes und der Hirnfunktion. Das ist im Fußball mehr als für alle übrigen Spitzensportler Österreichs. Für sie werden die Untersuchungsschecks des Bundes vergeben, die keine Blutuntersuchungen und keinen Ultraschall des Herzens vorsehen. Dieses Fördersystem ist veraltet, unterfinanziert und dringend renovierungsbedürftig. Das UEFA-Untersuchungssystem finde ich ausreichend, wenngleich auch ein verpflichtendes jährliches Belastungs-EKG sinnvoll wäre.
Ist man beim Frauenfußball auf dem letzten Stand?
Für Österreichs Frauenfußball baut gerade Carina Wenninger mit ihrer großen Erfahrung ein Untersuchungssystem auf. Mit dem österreichischen Untersuchungssystem außerhalb des Fußballs bin ich aber nicht glücklich. Ich hoffe, dass wir mit der Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention und dem medizinischen Beirat des Olympischen Komitees zusammen mit der Politik und den Verbänden zeitnah ein besseres und moderneres System aufbauen.
Wie fällt ein Vergleich zu Ihrer deutschen Heimat aus?
Für sportmedizinische Voruntersuchungen sind die Kosten vom Bund mit jährlich 115 Euro pro Kaderathlet limitiert. In Deutschland werden dafür 160 bis 300 Euro investiert.
Kommentare