Jeden Tag ein Marathon: Warum eine Boxerin den Jakobsweg läuft
Ohne Hast tragen die Beine die Pilger über den Jakobsweg, entlang der Atlantikküste, über Wiesen und Berge, vorbei an abgelegenen Dörfern. Jeder Schritt bringt sie näher an ihr Ziel Santiago de Compostela.
Ohne Rast eilen die Beine einer 30 Jahre jungen Dame über naturbelassene Wege. „Am Dienstag geht es endlich los, das ist meine bisher größte Herausforderung“, sagt Michaela Kotaskova. In den nächsten drei Wochen will die Profiboxerin den 850 Kilometer langen Camino del Norte ab Irún im Norden Spaniens durchlaufen – und das für den guten Zweck.
Für mehr Kinderlachen
Kotaskova läuft für die Initiative Rote Nasen Clowndoctors. „Ich habe nach einer österreichischen Organisation gesucht, die etwas für Kinder macht“, sagt die Leistungssportlerin. Die Clowns sollen kranken Kindern ein Lachen in den Alltag zaubern. „Man wird ständig mit Corona, Krieg oder den steigenden Preisen konfrontiert. Ärger oder Aggression bringen nichts, deshalb ist Humor gerade jetzt so wichtig.“
Die Spenden sollen speziell an Kinder in psychosomatischen und psychiatrischen Einrichtungen gehen. Das war Kotaskova wichtig, denn vor wenigen Monaten hat sich ein Mitglied aus ihrem Boxverein durch eine Tabletten-Überdosis das Leben genommen.
Suizid und Hilflosigkeit
„Er war erst 15 Jahre alt. Ein total lieber, hilfsbereiter Bursche und ein toller Boxer. Niemand hätte gedacht, dass er Probleme oder Depressionen hat. Das hat uns alle fertiggemacht, wir haben uns natürlich gefragt, ob wir das nicht hätten erkennen sollen“, sagt Kotaskova und findet, dass psychische Probleme oft unterschätzt werden.
Die 850 Kilometer ergaben sich aufgrund der Streckenführung und weil „ich unbedingt drei Wochen unterwegs sein wollte“, sagt die Sporttrainerin, die jeden Tag fast einen Marathon laufen wird. Im vergangenen Oktober ist sie den Jakobsweg erstmals gegangen, zwei Wochen waren ihr aber nicht genug. „Ich kam erst am Ende richtig in den Flow. Den Küstenweg wäre ich lieber gelaufen, aber mit dem Zehn-Kilo-Rucksack ging das leider nicht.“ Diesen lässt sie in den nächsten drei Wochen von Hotel zu Hotel schicken.
Grenzen existieren für die vierfache österreichische Box-Meisterin „nur im Kopf“. 2015 kam die gebürtige Tschechin für ein Germanistik-Auslandssemester nach Wien und ist seitdem für den Boxsport hiergeblieben. 20 Stunden trainiert sie wöchentlich, das Laufen intensivierte sie in den letzten Monaten. Am Samstag bestritt Kotaskova noch einen Boxkampf in Deutschland, der unentschieden ausging.
5.000 Kalorien am Tag
Normalerweise muss sie für ihre Kämpfe immer aufs Essen achten. „Beim Laufen brauch’ ich täglich 5.000 Kalorien.“ Die bekommt sie in Form von Flüssignahrung, Riegeln, Gels und Pulver. Abends gibt’s eine warme Mahlzeit im Restaurant, und da kann es passieren, dass sie Vegetariern sogar Schinken servieren, denn „das ist für Spanier ja kein Fleisch“, sagt Kotaskova lachend. Was niemals fehlen darf, ist Kaffee, denn „danach bin ich süchtig!“ Jeder Schritt und jede Tasse bringen Michaela Kotaskova ihrer persönlichen inneren Mitte näher.
„Ich freue mich aber auch über Nachrichten auf Social Media, die motivieren mich noch mehr.“
Spenden kann man unter: www.rotenasen.at
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