In Russland inhaftiert: US-Basketballstar als Spielball der Politik

Eine kleine, ungemütliche Gefängniszelle in Moskau statt ihrem großen Luxushaus in Houston (Texas). Ein paar Bücher und russisches Fernsehen anstelle eines Basketballs und Action auf dem Spielfeld. So könnten die nächsten zehn Jahre für Basketball-Superstar Brittney Griner aussehen, falls ein Gericht sie für schuldig befindet.
Auf den Prozess wartet die amerikanische WNBA-Spielerin und zweifache Olympiasiegerin (2016 und 2020) seit Monaten. Die Anschuldigungen und die Umstände ihrer Festnahme sind undurchsichtig.
Verhaftung in Moskau
Die 31-Jährige war auf dem Weg zurück in ihre Heimat, als der russische Zoll in ihrem Handgepäck Cannabis-Öl fand und ein Verfahren wegen groß angelegten Drogentransports eröffnete – mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.
Was aber steckt tatsächlich dahinter? Inwiefern spielen die politischen Sanktionen der USA gegen Russland eine Rolle?
17. Februar: Laut dem texanischen Abgeordneten Colin Allred, der mit dem Außenministerium zusammenarbeitet, wurde Griner an diesem Tag festgenommen. Zeitgleich warnte US-Präsident Joe Biden vor der russischen Invasion in der Ukraine.
24. Februar: Russlands Krieg gegen die Ukraine beginnt.
5. März: Der Fall Griner wird erstmals durch den russischen Zoll publik.
6. März: US-Außenminister Antony J. Blinken äußert sich nicht auf die Frage, ob ihre Haft etwas mit dem Druck der USA auf Russland zu tun hat.

17. März: Das russische Gericht verlängert ihre Haft bis 19. Mai.
23. März: Ein Repräsentant der amerikanischen Botschaft darf Griner besuchen und erklärt, dass es ihr den Umständen entsprechen gut gehe.
27. April: Trevor Reed, einer der drei in Russland inhaftierten Amerikaner, wird bei einem Gefangenenaustausch freigelassen.
3. Mai: Das U.S. State Departement verkündet erstmals, dass Griner „zu Unrecht inhaftiert“ wurde.
6. Mai: Die Basketball-Saison startet ohne die siebenfache WNBA-All-Star-Gewinnerin der Phoenix Mercury.
13. Mai: Griners Haft wird um ein Monat verlängert.
Hilfeschrei aus der Liga
Lange war es still um den Fall Brittney Griner. Politische Unterstützung erhält sie durch Hillary Clinton. Teamkolleginnen und Basketballstars wie Lisa Leslie wurden von der US-Regierung aufgefordert, „kein großes Thema daraus zu machen, damit die Russen Griner nicht als Schachfigur verwenden können“. Leslie betonte, dass es allen das „Herz bricht. Wir wollen mehr machen und unsere Sozialen Medien nutzen. Aber wir wissen nicht, was richtig ist in dieser noch nie dagewesenen Situation.“

Auffällig ist vor allem der Zeitpunkt der Inhaftierung, als die USA anfingen, Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Hoffnung gibt die Freilassung von Landsmann Trevor Reed. Griners Frau Cherelle freute sich für dessen Familie und erklärte: „Ich kenne den Schmerz, einen geliebten Menschen in einem fremden Land inhaftiert zu haben.“
Brittney Griner war in Russland, weil sie seit Jahren in der Off-Season für UMMC Ekaterinburg spielt und ihr der Verein jährlich eine Million Dollar zahlt. Rund 70 Prozent der WNBA-Spielerinnen müssen nebenbei für hohe Gehälter in Übersee-Teams spielen. In der amerikanischen Liga verdienen sie nur einen Bruchteil dessen, was die Männer in der NBA bekommen: maximal 228.094 Dollar im Jahr 2022.
Russlands Krieg gegen die Ukraine sorgte im internationalen Sport für massive Sanktionen und Ausschlüsse (bela)russischer Athleten und Vereine. Sport und Politik sind nur schwer trennbar, wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigen:
1936 dienten die Sommerspiele Nazi-Deutschland zur Propaganda.
1938 erhielt Gottfried von Cramm, damals populärster deutscher Tennisspieler, eine Haftstrafe wegen Bisexualität und seinem Verhältnis zu einem Mann. Daraufhin wurde er von internationalen Turnieren ausgeschlossen und an die Ostfront geschickt.
Olympia-Boykotte wie 1956, 72’, 76’, 80’ oder 84’ verhinderten ein Antreten zahlreicher Sportler.
Zwischen den Fronten
2013 verweigerte Russland dem Fußballer Kristian Nushi wegen des kosowarischen Reisepasses ein Visum zum Europa League Spiel gegen Spartak. Damals lebte und spielte Nushi bereits elf Jahre beim FC St. Gallen in der Schweiz.
Landsfrau und Judoka Majlinda Kelmendi durfte 2012 in London nicht für Kosovo antreten und startete deshalb für Albanien.
Spannungen zwischen jüdischen Israelis und Palästinensern führen immer wieder zu Problemen:
2019 wurde der iranische Judoka Saeid Mollaei vom Verband gezwungen, absichtlich den WM-Halbfinalkampf zu verlieren, um im Finale nicht gegen den Israeli Sagi Muki anzutreten. Mollaei verweigerte und verließ danach sein Land. Der Iran wurde für seine Druckausübung und den Verstoß gegen den Ethik-Code und die Olympische Charta vom Weltverband IJF für vier Jahre gesperrt.
2021 verweigerten in Tokio Mohamed Abdalrasool (SDN) und Fethi Nourine (ALG) ihren Judo-Kampf gegen den Israeli Tohar Butbul.
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