Italienische Überraschung im Herren-Zeitfahren der Rad-WM

Neuer Weltmeister: Filippo Ganna aus Verbania
Filippo Ganna entthront Titelverteidiger Rohan Dennis aus Australien. Matthias Brändle beendet den Bewerb in Imola auf Platz 27.

Auf der Rechnung hatten ihn die Auskenner schon, dass aber Filippo Ganna dann wirklich den zweifachen Zeitfahr-Weltmeister Rohan Dennis abhängen würde (und das gleich um 39 Sekunden), das war dann in diesem Ausmaß eher nicht zu erwarten. Nach 32 Kilometern auf der Formel-1-Strecke in Imola und um sie herum wurde der Lokalmatador am Freitag entsprechend gefeiert.

"Es ist ein Traum", sagte der 24-Jährige aus Verbania, der zuvor vor allem Erfolge auf der Bahn gesammelt hatte - darunter vier Weltmeistertitel in der Einerverfolgung. "Ich hatte keinen Druck und bin sehr entspannt hier hergefahren."

Für den Australier Dennis reichte es in der Emilia-Romagna nur zum fünften Rang, hinter dem belgischen Wunderwuzzi Wout van Aert (+26), dem Schweizer Stefan Küng (+29) und dem Waliser Geraint Thomas (+37).

Italienische Überraschung im Herren-Zeitfahren der Rad-WM

WM-Debütant: Felix Ritzinger aus Wien

Österreicher mit Rückstand

Das Duo in Rot-Weiß-Rot hatte mit der Entscheidung bei starkem und böigem Wind herzlich wenig zu tun. Der Vorarlberger Matthias Brändle handelte sich auf den 32 Kilometern 2:34 Minuten Rückstand ein und musste sich mit Platz 27 begnügen. Das aus zweierlei Gründen: Zum einen sprang dem Profi des Teams Israel die Kette vom Blatt ("das hat mich sicher 15, 20 Sekunden gekostet"), zum anderen wirkte der schwere Sturz der Amerikanerin Chloe Dygert Owen vom Donnerstag nach.

"Vor der Kurve, in der sie gestürzt ist, hab' ich ein bissle viel gebremst, da war schon auch Angst mit dabei", gestand Brändle. "Aber ich habe alles gegeben." Apropos Dygert: Sie wurde noch am Donnerstagabend wegen einer großen Fleischwunde am linken Bein operiert, sollte aber wieder vollständig genesen.

Der Wiener Felix Ritzinger beendete sein WM-Debüt mit 4:26 Minuten Rückstand auf Platz 46. "Die erste Hälfte bin ich ein bissl schnell angegangen, aber es war bei diesem Wind sehr schwierig. Ich bin nicht der leichteste Fahrer, aber selbst mich hat's schon fast von der Straße geweht. Aber ich habe meine Zielwerte in Sachen Leistung erreicht."

Der Schlussakt der Damen

Am Samstag beginnt um 12.35 Uhr das Straßenrennen der Frauen, die Niederösterreicherinnen Anna Kiesenhofer, Angelika Tazreiter und Sarah Rijkes sind mit dabei. "Die Gefühle sind gemischt bei mir. Zum einen mag ich die steilen Anstiege, weil es dort darauf ankommt, was man in den Beinen hat. Andererseits gibt es einige technische Passagen am Anfang jeder Runde, da könnte es heikel werden", erklärte Kiesenhofer, die am Donnerstag im Zeitfahren Rang 18 belegte.

Fünf Runden sind es auf dem Rundkurs mit 2.800 Höhenmetern zu absolvieren, 143 Kilometer. "Die Strecke ist sehr anspruchsvoll, man muss schauen, wie sich das Rennen entwickelt", blickte Tazreiter voraus. Vor einem Jahr fuhr die Niederländerin Annemiek van Vleuten mit einem langen Solo ins Regenbogentrikot, und sie versucht trotz eines vor einer Woche beim Giro Rosa erlittenen Handgelenksbruchs ihren Titel zu verteidigen.

"Der Kurs ist traumhaft, die Ausblicke auf die Landschaft sind der Wahnsinn. Ich fürchte nur, dass wir selbst dafür wenig Zeit haben werden. Das Rennen wird sicher sehr selektiv, und die Stimmung bei einem Rennen in Italien ist sowieso immer gut“, schilderte Rijkes, die zuletzt bei den Heimweltmeisterschaften 2018 in Innsbruck am Start stand.

Bis dahin sollte auch der Zielbogen wieder stehen: Der stürmische Wind hat ihn am Freitagabend umgeworfen, Rennen und Siegerehrung waren da bereits beendet. Es gab keine Verletzten, jedoch musste die am Bogen befestigte Zeitmessung vor dem Straßenrennen der Damen auf ihre Tauglichkeit geprüft werden.

 

Kommentare