Die gesamte Existenz von Sepp Straka hängt mit einem simplen Handschuh zusammen. Das Kleidungsstück hing vor Jahrzehnten in einem Salzburger Golf-Shop, aus dem Käufer sollte ein paar Jahre später Strakas Vater werden, aus der Verkäuferin, einer gebürtigen Amerikanerin, seine Mutter.
Spätestens seit letztem Jahr ist Straka, 30 Jahre alt, untrennbar mit der österreichischen Sportgeschichte verbunden. Als erster Golfer aus Österreich gewann er im Februar 2022 ein Turnier auf der US-PGA-Tour - und mit der Honda Classic in Florida gleich ein renommiertes und lukratives. 1,44 Millionen US-Dollar wurden dem gebürtigen Wiener dafür überwiesen, ein höheres Preisgeld hat bisher nur einmal ein Österreicher kassiert: Tennis-Ass Dominic Thiem für den Triumph bei den US Open 2020 (drei Millionen Dollar).
Knapp 15 Monate später legt Straka nach, feiert erneut ein aus österreichischer Sicht historisches Ergebnis. Der Austro-Amerikaner beendete die PGA Championship in Rochester (New York) als geteilter Siebenter, was ihm nicht nur mehr als eine halbe Million US-Dollar Preisgeld einbrachte. Er ist damit der erste Österreicher, der eines der vier Major-Turniere (Masters, PGA Championship, US Open, British Open) in den Top 10 beendete. Die bisherige Bestmarke hielt Markus Brier mir Rang zwölf bei den British Open 2007.
Wer aber ist dieser Sepp Straka? Wie kam er zum Golf-Sport? Und was verbindet ihn mit Österreich, bzw. Amerika?
Die große Golf-Welt sieht den Austro-Amerikaner noch immer als eine Art extraterrestrischer Außenseiter an. 2019, in seiner ersten Saison auf der PGA-Tour, stellte die Fachzeitschrift Golf Digest den Jungprofi vor mit der Schlagzeile: "Der unbekannteste Name auf der Ergebnistafel." Und selbst im aktuellen Ergebnisbericht am Sonntag wurde auf der offiziellen Tour-Website die Frage aufgeworfen: "Wie viele Österreicher kennt man mit einem Südstaaten-Akzent?"
Tatsächlich hat Sepp Straka alles andere als eine typische Golf-Karriere hingelegt - weder in den USA, noch in Europa. Der Zufall hat dabei nicht nur an jenem Tag im Salzburger Golf-Shop eine entscheidende Rolle gespielt.
So richtig zum Golf kam Straka verhältnismäßig spät, obwohl die Eltern passionierte Spieler waren. Wieder spielte der Zufall - oder das Schicksal - eine gewichtige Rolle in seinem Leben. Seine erste Leidenschaft galt nämlich dem Fußball, Straka hütete in Wien ein Nachwuchstor. Als der Vereinsbetrieb im Sommer pausierte, meldete er sich gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Sam für ein Golf-Camp an. Elf Jahre waren da beide bereits alt.
Von da an ließ die Brüder der Golfsport nicht mehr los. 2011 ließ Sepp international erstmals aufhorchen. An der Seite des Steirers Matthias Schwab gab das Duo mit der Silbermedaille bei der Team-EM der Junioren ein rot-weiß-rotes Erfolgsversprechen ab. Eingelöst haben das beide längst, nicht erst am Sonntag bei der Honda Classic, die Schwab als Siebenter ebenfalls sensationell beendete.
Der Sehnsuchtsort für Schwab und Straka lag früh über dem Atlantik, wo die besten Golfer der Welt auf den besten Plätzen um die größten Trophäen und Siegerschecks spielen. Für Straka war es auch eine familiäre Angelegenheit, 2013 wanderte die Familie in die USA nach Georgia aus. "Für viele Wochen waren mein Bruder und ich DAS Gesprächsthema in der High School", erinnerte sich Sepp Straka einmal.
Im Schatten des Bruders
Lange Jahre stand er im Schatten seines Zwillingsbruders, "so sehr ich es auch gehasst habe, gegen Sam zu verlieren, so oft ist das passiert", gestand er einmal. Die Universität in Georgia wurde daher erst auf Sam aufmerksam, Sepp gab es im Angebot für das lukrative Stipendium im Gesamtpaket dazu.
Im College begann aber der steile Aufstieg von Sepp Straka. Während Bruder Sam mühe hatte beim Umstieg in das professionelle Erwachsenen-Golf, gab es für Sepp irgendwann kein Halten mehr. 2018 erspielte er sich - als erster Österreicher - die volle Spielberechtigung für die US-PGA-Tour.
"Es ist in jedem Fall eine Ehre. Das ist etwas, das immer mit meiner Person verknüpft sein wird", sagte er kurz darauf im KURIER-Interview. Er ging demütig und bescheiden in sein erstes Jahr auf der großen Tour: "Bei den Hotels schau’ ich schon noch auf die Preise, aber ein bisschen Besseres kann ich mir jetzt schon gönnen."
Ehrenvoll sieht er auch seine spezielle Herkunft. Er ist zwar längst in den USA sesshaft geworden und mit einer Amerikanerin verheiratet, Österreich nimmt dennoch einen wichtigen Platz in seinem Leben ein: "Ich bin nicht 50/50 Amerikaner und Österreicher, ich sehe mich vielmehr zu 100 Prozent als Österreicher und zu 100 Prozent als Amerikaner."
Die rot-weiß-rote Fahne neben seinem Namen war lange Zeit sein Alleinstellungsmerkmal auf der PGA-Tour, für sein Geburtsland schlug Sepp Straka auch bei den Olympischen Sommerspielen 2021 in Tokio ab.
Auch beim Turnier in Japan fiel er mit einer großen Geste auf. Bei Olympia ersetzte er den Stamm-Caddie durch seinen Zwillingsbruder. "Die Verbindung zu Österreich ist sehr groß, und ihn hier an der Tasche zu haben, ist ziemlich cool. Es ist ein besonderes Turnier und ich hatte das Gefühl, dass es ein cooler Moment für uns wäre, den wir gemeinsam erleben können."
Seine Leistung hat die große Änderung im Spiel kaum geschmälert. Er wurde starker Zehnter. Nicht alles in seinem Leben funktioniert nach dem Zufallsprinzip.
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