Zwischen Anspruch und Realität

Zwischen Anspruch und Realität
Ernüchterung und Erleichterung zur Halbzeit der Meisterschaft – eine Qualitätskontrolle.

Schnell ist es gegangen, viel ist passiert: 18 Runden der Bundesliga-Saison 2012/’13 sind absolviert, die Positionen sind bezogen. Ganz oben thronen die Austrianer verfolgt von Salzburgern, Rapidlern und stürmischen Grazern. Der Rest der Liga muss sich mehr oder weniger große Sorgen um den Klassen­erhalt machen.

Die Saisonhälfte ist auch eine gute Gelegenheit, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Die KURIER-Sportredaktion stellt sich die Frage: Welche Mannschaft hat aus ihrem Potenzial wie viel herausgeholt? Hier die Antwort.

Zwischen Anspruch und Realität
1. Austria:Die Wiener agieren zwar nicht über ihren Verhältnissen, spielen jedoch laut Trainer Peter Stöger "am Anschlag". Viel mehr geht nicht, echt nicht. Die Austria bietet attraktiven und erfolgreichen Fußball, hat seit neun Spielen nicht mehr verloren. Wer gut spielt, wird auch – wie Hosiner, Suttner, Gorgon oder Holland – für das Ausland interessant. Stöger: "Bis Sommer wollen wir alle halten, weil wir vielleicht wirklich die tolle Chance auf einen Titel haben."
Leistungsbarometer 100 %
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2. Wiener Neustadt: Erneut als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt, stehen die Niederösterreicher bislang auch heuer nicht auf dem Abstellgleis. Obwohl Wr. Neustadt der ideale Abreisepunkt für Trainer mit Zielbahnhof Wien ist (siehe Schöttel, siehe Stöger). Heimo Pfeifenberger pfeift auf düstere Prognosen und macht auch aus diesem Team etwas. Aus einem Team, das Saison für Saison seine Besten verliert und sich dafür mit Talenten und anderswo gescheiterten Fußball-Existenzen verstärkt.
Leistungsbarometer 85%

Zwischen Anspruch und Realität
3. Sturm:Aller Anfang war schwer. Die Grazer Kicker konnten lange Zeit nicht das umsetzen, was sich Trainer Peter Hyballa vorgenommen hatte. Mittlerweile haben die Steirer die Verteidigung gefestigt und treffen auch wieder ins Tor. Seit Ende September gab es in der Meisterschaft keine Niederlage mehr. Das Ziel, einen internationalen Startplatz zu erreichen, kann der Meister von 2011 kaum noch verfehlen.
Leistungsbarometer 80%

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4. WAC: Der Aufsteiger startete sehr stark, fiel aber im zweiten Viertel etwas zurück. Rein objektiv sind die Wolfsberger dort, wo ein Aufsteiger sein sollte. Aber mit dem starken Kader wäre etwas mehr drinnen. Besonders die Heimbilanz mit nur zwei Siegen und vier Niederlagen ist absolut ausbaufähig. Für die Mannschaft von Nenad Bjelica spricht vor allem der "Rapid-Effekt", denn ohne die sechs Punkte gegen die Grün-Weißen wären die Kärntner nur zwei Punkte von den Abstiegsplätzen entfernt.
Leistungsbarometer 75%

5. Rapid:Die nackten Zahlen passen: Rapid hat drei Spiele in Folge gewonnen und mit einem wesentlich billigeren und jüngeren Kader sechs Zähler mehr als 2011. Der einzige Vertreter Österreichs in einer Europacup-Gruppenphase ist auch noch im Cup-Viertelfinale dabei. Doch in Hütteldorf geht es um Emotionen. Und da drücken die beiden Derby-Pleiten, der internationale Nuller und die Probleme im Verein auf die Stimmung. Nüchtern betrachtet spielt Rapid eine ordentliche Saison – nicht mehr und nicht weniger.
Leistungsbarometer 70%
Zwischen Anspruch und Realität
6. Salzburg: Der reichste Klub der Liga hat im Laufe der Saison um viel Geld Qualität eingekauft. Doch nicht immer können die zum Großteil extrem jungen Neu­zugänge ihr Können abrufen. Das ist nicht nur ihrem Alter geschuldet, sondern auch ihrer Fitness, mit der sie in den letzten Wochen aus den verschiedensten Gründen augenscheinlich ihre Probleme hatten. Und genau jetzt fehlt der Faktor Routine, auf den in Salzburg allerdings kein Wert mehr gelegt wird.
Leistungsbarometer 65 %
7. SV Ried:Die Innviertler sind natürlich etwas verwöhnt: Vor einem Jahr standen sie zur Halbzeit der Meisterschaft ganz oben. Nach 14 Runden waren sie letzte Saison Vierter, hatten vier Punkte mehr als diese Saison, in der man zu diesem Zeitpunkt Fünfter war. Man trennte sich – auch wegen Problemen mit Co-Trainer Schweitzer – von Trainer Heinz Fuchsbichler. Das Rieder Anspruchsdenken formuliert Manager Reiter so: "Tendenziell war in den vergangenen Monaten spielerisch ein Abwärtstrend festzustellen." Ein harte Ansage. Ist der Kader wirklich so gut?
Leistungsbarometer 60 %

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8. Mattersburg:Nach Rang acht im Vorjahr wollten sich die Burgenländer etwas weiter nach oben orientieren. Das ist nicht ganz gelungen, obwohl die Mattersburger jetzt Siebenter sind und im Vorjahr nur Neunter zur Halbzeit waren. Aber sie haben im Vergleich nur einen Punkt mehr auf dem Konto. Nach tollem Start (12 Punkte in sechs Spielen) kam der krasse Einbruch (sechs Punkte in 12 Spielen). Die Jugend der Mannschaft kann keine Ausrede mehr sein, der Großteil hat schon viel Ligaerfahrung. Zwar ist Patrick Farkas erst seit Kurzem 20 Jahre alt, aber der U-21-Teamkapitän hat schon 97 Bundesligaspiele absolviert. Nun ist Trainer Franz Lederer gefordert, mehr Kontinuität ins Spiel zu bringen.
Leistungsbarometer 50 %
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9. Innsbruck:Die Tiroler haben den Start total verschlafen und in neun Runden nur drei Punkte geholt. Die Mannschaft kann aber mehr und zeigte es, indem sie unter Neo-Coach Kirchler die Kurve gekratzt hat. Die Spieler müssen ihr Potenzial ausschöpfen, denn in der Jubiläumssaison (100-jähriges Bestehen) geht es um das sportliche Überleben. Dafür wird im Winter noch einmal in neue Spieler investiert, der Vertrag mit dem brasilianischen Stürmerflop Fernandes wurde derweil aufgelöst.
Leistungsbarometer 35 %
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10. Admira: Es mag eine altbackene Fußball-Weisheit sein, dass das zweite Jahr nach dem Aufstieg das schwierigste ist. Im Fall der Admira ist das aber nicht von der Hand zu weisen. Nach sieben Spielen ohne Sieg sehnt der Tabellen-Dritte der vergangenen Saison die Winterpause herbei. Die Balance zwischen Offensive und Defensive ist mangelhaft wie eh und je – dazu kommt nun, dass die Leistungsträger im Kollektiv ausfallen. Talent wäre vorhanden, doch nach Hosiner droht im Winter mit Sabitzer der nächste schmerzliche Abgang.
Leistungsbarometer 30%

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