WSG-Trainer Thomas Silberberger: "Bin ein Gerechtigkeitsfanatiker"

Thomas Silberberger freute sich diebisch, als hätte er mit seiner WSG Tirol gerade Serienmeister Salzburg düpiert und nicht die Öffentlichkeit. Was waren in Tirol nicht für wilde Gerüchte herumgegeistert, seit der Verein zu einer „außerordentlichen Pressekonferenz“ eingeladen hatte: Präsidentin Diana Langes-Swarovski hätte genug vom Fußball, erzählten sie sich in Wattens. Ein kaiserlicher Investor stünde ante portas, raunten andere.
Nur eines wäre keinem in den Sinn gekommen: Dass Thomas Silberberger den Verein verlässt. Die WSG Tirol ohne ihren Langzeittrainer? Das lag außerhalb jeglicher Vorstellungskraft.
„Ich find’s cool, dass niemand draufgekommen ist. Die Reise geht im Sommer zu Ende“, verkündete der 50-Jährige und wunderte sich über den riesigen Medienandrang in der kleinen Klubkantine in Wattens. „Da sind ja mehr Journalisten, als seinerzeit beim Rücktritt von Ernst Happel beim FC Tirol.“
Mit Silberberger verabschiedet sich mit Saisonende der Bundesligatrainer mit dem größten Sitzfleisch. Im Sommer 2013 trat der Tiroler das Amt an, hinter ihm liegen elf Jahre, in denen die WSG von der Regionalliga West in die Bundesliga marschiert ist und sich inzwischen dort die fünfte Saison in Folge hält. „Wir haben hier verdammt viel richtig gemacht“, sagt Silberberger.
Was fehlte der WSG?
Nur eines ist der WSG Tirol in all den Jahren nicht gelungen. Auch nicht mit dem charismatischen und wortgewaltigen Trainer: Der Verein ist den Fußballfans in Tirol nie wirklich unter die Haut gegangen. Heimpartien im Tivolistadion wirken wie Geisterspiele.
Silberberger macht keinen Hehl daraus, dass diese fehlende Anerkennung seitens des Publikums ein Mitgrund ist, weshalb er nach elf Saisonen aufhört. Er ist desillusioniert und weiß, dass dieser Verein an seine Grenzen gestoßen ist.
Ungefähr vor einem Jahr hatte er die ersten Rücktrittsgedanken. Die WSG Tirol hatte gerade knapp die Meistergruppe verpasst und Silberberger haderte wie jedes Frühjahr mit der Punkteteilung. „Ich bin ein Gerechtigkeitsfanatiker. Der Ligamodus hat mich gekillt. Es weiß ja keiner, wie viele Nerven das kostet.“
Der Ligamodus hat mich gekillt. Es weiß ja keiner, wie viele Nerven das kostet.
WSG-Cheftrainer
Silberberger/WSG: Juli 2013
Ilzer/Sturm Graz: Juli 2020
Pacult/Klagenfurt: Jänner 2021
Scheiblehner/BW Linz: Juli 2021
Schopp/Hartberg: Dezember 2022
Wimmer/Austria: Jänner 2023
Schmid/Wolfsberg: März 2023
Struber/Salzburg: Juli 2023
Sageder/LASK: Juli 2023
Standfest/Altach: Juli 2023
Klauß/Rapid: November 2023
Heraf/Lustenau: Jänner 2024
Wer wird Silberbergers Nachfolger?
Diese Anspannung gibt sich Silberberger nun ein letztes Mal mit der WSG. Zum Abschied hat Silberberger noch eine Mission zu erfüllen: Der Verein soll in der Bundesliga bleiben. Er selbst ist offen für jeden Neuanfang und könnte sich dabei auch einen Job als Sportchef vorstellen. „Im Moment habe ich noch nichts liegen“, sagt er.
WSG-Sportchef Stefan Köck beginnt derweil mit der Suche nach einem Nachfolger auf der Trainerbank, der kein einfaches Amt antritt. Köck präferiert eine österreichische Lösung, einer der Kandidaten ist Thomas Grumser, der aktuelle Leiter der Tiroler Fußballakademie.
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