Wie Jaissle Mourinho austrickste: "Eine taktische Glanzleistung"
Dass er nicht gerne verliert, konnte Romas Startrainer Jose Mourinho nach dem 0:1 in Salzburg nicht verbergen. „Die bessere Mannschaft hat verloren“, analysierte er. Eine Meinung, die nicht jeder teilte. Bei der Pressekonferenz nach dem Spiel bemühte sich der Portugiese höflich zu sein, antwortete in englischer Sprache genauso wie in italienischer.
Die Inhalte seiner Antworten waren aber nicht ganz die feine englische Art – Mourinho suchte Ausreden und verteilte Spitzen gegen Salzburg und die österreichische Liga. Seine Kritiker würden sagen, ein Anfall von Arroganz, seine Fans nennen es wohl gesundes Selbstvertrauen. Sein Gegenüber Matthias Jaissle jedenfalls erwies sich als wahrer Gentleman.
Mourinho war der Meinung, es hätte in der ersten Halbzeit einen klaren Elfmeter für seine Mannschaft geben müssen. Eine Meinung, die er nahezu exklusiv hatte. Doch es ging noch weiter: Salzburg könne sich in der Liga ausruhen, man könne rotieren, weil man die Meisterschaft dominiere. „Sie haben einfache Spiele“, sagte er, „wir spielen in einer Liga, in der jedes Match sehr schwierig ist, in der jeder Punkt für uns Gold wert ist.“ Zur Information: AS Roma empfängt am Sonntag den Drittletzten Hellas Verona. Mourinhos Meinung von Österreichs Liga ist nicht gerade hoch. Oder beginnt er gar schon die Psychospielchen vor dem Rückspiel?
Das wiederrum kostete Salzburgs Matthias Jaissle nur ein Lächeln, auf Psychospielchen will er sich nicht einlassen: „Dazu gehören immer zwei. Wir legen den Fokus lieber auf uns.“ Ganz nach dem Motto: Ein Gentleman schweigt und genießt. Den Erfolg hat der Deutsche tatsächlich genossen, das mit dem Schweigen klappte bei den vielen Journalisten-Fragen aber nicht ganz. Auf die Frage, wie sich ein Sieg gegen Mourinho, „The Special One“, anfühlt, antwortete er: „Special.“
"Gazzetta dello Sport": "Wenn man Fußball als Musik betrachtet, dann würde Jose Mourinho in Salzburg, der Geburtsstadt des unsterblichen Mozarts, die Rolle des glücklosen Maestros Antonio Salieri zustehen. Die Hausherren gewinnen wenige Minuten vor Schluss, sie glänzen aber nicht. Die Römer hätten den Sieg verdient, doch wegen defensiver Fehler müssen sie die erste Niederlage in ihrer Geschichte gegen eine österreichische Mannschaft einstecken."
Corriere dello Sport: "Diese Niederlage für AS Roma entspricht nicht den Machtverhältnissen auf dem Spielfeld. Das Resultat ist für die Römer von Pech und von Schiedsrichterfehlern beeinflusst, wie man sie lange nicht mehr gesehen hatte. Mourinhos Truppe zahlt einen hohen Preis für einen Verteidigungsfehler bei einem Match, bei dem AS Roma den Sieg verdient hätte."
Corriere della Sera: "AS Roma verlässt voller Reue die Red Bull Arena in Salzburg. Das Match entscheidet ein Tor zwei Minuten vor Ende nach einem schweren Fehler von Matic. Dabei ist Salzburg eine gut organisierte Mannschaft, die jedoch sichtbare Grenzen vorweist. Es wird für die Römer beim Heimspiel nicht unmöglich sein, das negative Resultat umzukippen, sie müssen jedoch einen Qualitätssprung schaffen und konkreter werden."
La Repubblica: "AS Roma wird von einer fahlen, aber pragmatischen Mannschaft mit viel Glück auf ihrer Seite besiegt. Der Treffer Capaldos ist eine kalte Dusche für Mourinho, der im Olympiastadion in Rom den Sieg schaffen muss. Inzwischen müssen die Römer auch um Star Paulo Dybala bangen, der mit einer Bandage das Stadion verlassen hat."
Il Messaggero: "AS Roma verschwendet viel und zahlt einen hohen Preis wegen seines Mangels an konkretem Handeln. Die Salzburger beweisen sich als gut strukturierte Mannschaft, die AS Roma im Heimspiel jedoch durchaus besiegen könnte."
Für den Erfolg verantwortlich wären „harte Arbeit und ein sehr diszipliniertes Spiel“ seiner jungen Mannschaft gewesen: „Das ist nicht selbstverständlich.“ Natürlich gab es Lob für die beiden Matchwinner, Torschütze Nicolas Capaldo und Tormann Philipp Köhn. Tatsächlich hat aber auch Jaissle sich etwas ganz Besonderes überlegt, wie er sein berühmtes Gegenüber austricksen konnte. So schoss zur Verwunderung vieler nicht wie gewohnt Keeper Köhn die Abstöße, sondern Abwehrchef Strahinja Pavlovic. Darauf angesprochen grinste Jaissle: „Eine taktische Glanzleistung.“ Seine Erklärung dafür: „Wir haben uns was überlegt, um dem Pressing zu entgehen. Deswegen sah die Spieleröffnung diesmal so aus.“
Es hat also nicht nur Salzburg auf 1:0 gestellt, sondern auch Jaissle im Trainerduell mit Mourinho. Mit den Worten „ciao, ciao, dankeschen“ verabschiedete sich der Portugiese aus Salzburg. Die Chance auf Revanche gibt es bereits am Donnerstag im Rückspiel in Rom.
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