Wettskandal im Amateurfußball: So liefen die Manipulationen
15 Personen sind angeklagt, ihnen wird die Manipulation von zumindest 19 Spielen (im Osten Österreichs, meist in der Regionalliga) von 24. März 2019 bis 10. November 2021 vorgeworfen. Der Schaden wird mit 197.959,68 Euro beziffert, davon 88.001 Euro Versuchsschaden. Das Bundeskriminalamt nahm im November 2011 aufgrund des Verdachts auf Spielmanipulation Hausdurchsuchungen und Festnahmen vor. Doch wie ist der Betrug abgelaufen?
„Sofern es sich um Livewetten gehandelt hat, wurde den manipulierenden Spielern am Platz zu Beginn des Spiels im Stadion ein Zeichen (Kappe aufsetzen oder Daumen hoch) gegeben, um zu signalisieren, dass die Wetten erfolgreich platziert wurden und das zuvor vereinbarte Ergebnis herbeigeführt werden soll.“ So steht es in der Anklageschrift.
Großteils geständig
Angeklagt ist vollendeter und versuchter, teils gewerbsmäßig schwerer Betrug. „Dabei wurden beispielsweise gegnerische Tore zugelassen, Spieler der gegnerischen Mannschaft schlecht oder gar nicht verteidigt, Fehlpässe durchgeführt oder bewusst Eckbälle, ein bestimmter Spielausgang oder eine bestimmte Gesamtanzahl von Toren verursacht.“ Der Strafrahmen beträgt bis zu fünf Jahre Haft. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Diesen Montag beginnt der Prozess in der Messe Graz, weil der Schwurgerichtssaal des Grazer Straflandesgerichts umgebaut wird. Der Prozess ist vorerst auf drei Tage angesetzt, zwei weitere Tage in der Woche darauf sind reserviert. Aber man rechnet mit einem baldigen Urteil, weil ein Großteil der Angeklagten geständig sind. So auch der ehemalige Tormann des SC Neusiedl/See, Bartolomej Kuru. Dessen Anwalt Paul Kessler sagt: „Mein Mandant ist beim Großteil der Vorwürfe geständig. Das war er auch schon bei den Ermittlungen, bei denen er sich auch sehr kooperativ gezeigt hat.“
Kuru war drei Monate in Untersuchungshaft. Derzeit sind dies noch zwei der 15 Angeklagten.
Hauptangeklagter ist auf der Flucht
Es werden wohl 13 der 15 Angeklagten vor Gericht erscheinen. Einer der Fußballer hat einen Anklageeinspruch eingereicht. Das Verfahren gegen ihn wurde ausgeschieden. Der Erstangeklagte, der 53-jährige Jozo M., ist untergetaucht und mittels europäischem Haftbefehl zur Verhaftung ausgeschrieben.
Der Betrug folgte meist einer vorher festgelegten Dramaturgie. „Jozo M. gibt Dragan M. auch genaue Instruktionen, wie er wann ein Foul provozieren und der darauffolgende Elfmeter durchgeführt werden solle, da der gegnerische Tormann sich nach rechts werfen werde.“ Für Spieler schauten maximal 5.000 Euro heraus, meist weniger. „Der Wettanbieter zahlte zumindest EUR 10.000,00 an Jozo M. aus.“ Ein an der Manipulation beteiligter Spieler bekam 600, drei weitere je 500 und einer gar nur 300 Euro.
Manipulation in der 90. Minute
Manchmal soll auch improvisiert worden sein. Bis zur 80. Minute habe sich in einem Spiel der Wiener Liga keine Möglichkeit der Manipulation ergeben. Dann gab der Schiedsrichter Freistoß aus 18 Metern. Der Tormann soll dem hinter ihm stehenden Jozo Markic auf kroatisch zugerufen haben, er solle sofort eine Livewette auf das nächste Tor platzieren. Der Tormann soll den Freistoß ins Tor gelassen haben, „weshalb die Wette auch gewonnen wurde“.
Warum Spieler manipulierten?
Spielsüchtiger Angeklagter
Robert B., erst 29 Jahre alt, verdient laut Anklageschrift 1.600 Euro monatlich, hat aber einen Kredit von 19.000, ein Minus auf dem Konto von 11.000 und Schulden bei Privatpersonen in der Höhe von 13.000 Euro „größtenteils aufgrund seiner Spielsucht“. Er kam aus der U-Haft mit angeordneter Spielsuchttherapie – und begann noch am Tag der Entlassung mit Online-Wetten im Umfang von rund 20.000 Euro in zwei Monaten.
Die Ermittlungen sind laut Staatsanwaltschaft übrigens noch lange nicht abgeschlossen. Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft handle es sich nur „um die Spitze des Eisbergs“. Die Ermittlungen waren ein Resultat der intensiven Kooperation von Beamten des Bundeskriminalamtes, Experten der Firma Sportradar und des Play Fair Code sowie dem ÖFB. Dieser hatte Akteneinsicht und suspendierte danach im März dieses Jahres neun Spieler.
„Wir haben uns entschlossen, die dritte Leistungsstufe neben den vom Play Fair Code laufend durchgeführten Präventionsschulungen seit Beginn der Saison letzten auch von Sportradar auf potenziell verdächtige Vorgänge monitoren zu lassen. So konnte im Rahmen unserer Null-Toleranz-Politik bei Spielmanipulationen ein wichtiger Schritt gesetzt werden,“ sagt ÖFB-Präsident Gerhard Milletich.
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