Kein Mensch hat sich bislang für den weißrussischen Fußball interessiert. Wo doch nicht einmal die Weißrussen selbst sich für den Kick vor der Haustür erwärmen können. Die zwei Sonntagsspiele Islatsch Minsk Rayon – Smaljawitschy (1:0) und Njoman Hrodna – Wizebsk (2:0) lockten gerade einmal 1425 Zuschauer ins Stadion.
Im Fernsehen und im Internet wurden diese Partien allerdings weltweit von Abermillionen verfolgt. Nachdem der Ball inzwischen fast nur mehr in Weißrussland rollt, haben viele Fußballverrückte plötzlich die Liebe zur Wyschejschaja Liha entdeckt.
Ja, es ist mittlerweile sogar ein regelrechter Wettstreit um die Übertragungsrechte der weißrussischen Partien entstanden. Erst am Wochenende schloss die Liga zehn neue lukrative TV-Verträge ab, die Matches werden mittlerweile in Russland und Israel gezeigt, sogar die Inder blicken neuerdings gebannt nach Weißrussland. In Krisenzeiten wie diesen nimmt der Fußballfan offenbar alles, was er irgendwie noch kriegen kann.
Dass in der „letzten Diktatur Europas, wie Weißrussland gerne genannt wird, immer noch öffentliche Veranstaltungen stattfinden dürfen, liegt auch an Alexander Lukaschenko. Das Staatsoberhaupt verweist explizit darauf, dass es „hier keine Viren gibt“ und spielte am Wochenende demonstrativ Eishockey, den Volkssport der Weißrussen.
Beim Einlass zu den Fußballstadien musste am Sonntag zwar jeder Besucher zum Fiebermessen, richtig herumgesprochen dürfte es sich allerdings noch nicht haben, wie gefährlich das Coronavirus ist. In Minsk lagen sich die wenigen Fans oben ohne in den Armen – Social Distancing auf weißrussische Art.
Es ist jetzt das erste Mal, dass der weißrussische Fußball so eine große Aufmerksamkeit erfährt. Rein sportlich hatte man das Land bislang vor allem durch Rekordmeister Bate Borisow wahrgenommen, der fünf Mal die Champions League beehrte.
Groß in die Schlagzeilen geriet die Wyschejschaja Liha in erster Linie durch Kuriositäten: Etwa als Diego Maradona 2018 für wenige Wochen Präsident von Dinamo Brest war und dabei medienwirksam im Panzenwagen vorfuhr.
Noch skurriler mutet allerdings eine Aktion aus dem Jahr 2008 an. Damals taumelte der weißrussische FIFA-Schiedsrichter Sergej Schmolik während einer Partie über den Rasen.
Er hatte 2,6 Promille.
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