Warum WSG Tirol keine Zukunft hat
Es war für WSG Tirol nur ein kurzes Vergnügen in der österreichischen Bundesliga. Nach der Nullnummer gegen die Admira geht’s bereits nach einem Jahr wieder zurück in die Zweitklassigkeit. Wobei der Abstieg offiziell noch nicht besiegelt ist, da die zweite Liga erst einmal fertig gespielt und ein Meister ermittelt werden muss. Was angesichts der aktuellen Corona-Fälle im Team von Kapfenberg möglicherweise gar nicht einmal ein so leichtes Unterfangen ist.
Warum konnte sich WSG Tirol nicht in der Bundesliga halten?
Liganeulinge leben gewöhnlich von der Aufstiegseuphorie und vom Heimvorteil. Darauf konnte WSG Tirol allerdings nie bauen. Die notwendige Übersiedlung vom kleinen, heimeligen Gernot-Langes-Stadion in Wattens ins weitläufige und meist menschenleere Tivolistadion war für Trainer Thomas Silberberger einer der Hauptgründe für die miserable Heimbilanz (zwei Siege) und den Abstieg.
"Wir haben 16 Auswärtsspiele und 16 Spiele auf neutralem Boden", merkte der Coach nicht nur einmal an. "Das tut keinem Team gut. Es würde dem TSV Hartberg auch nicht gut tun, wenn sie ihre Heimspiele in Graz austragen müssten." Nicht nur für Silberberger war das Cup-Match gegen die Wiener Austria der beste Beweis, dass die Spieler sich in Wattens wohler fühlen. Mit 5:1 hatte die WSG den Favoriten im Gernot-Langes-Stadion im Herbst abgefertigt. Weshalb Silberberger schon jetzt festhält: "Sollten wir das nächste Mal in die Bundesliga angreifen, müssen wir in Wattens spielen."
War es falsch, auf dermaßen viele Routiniers zu setzen?
Stefan Maierhofer (37), Zlatko Dedic (35), Ione Cabrera (34), Clemens Walch (32), Florian Buchacher (32), Bruno Soares (31), Fabian Koch (31), Benjamin Pranter (30) - Erfahrung wurde beim Liga-Neuling groß geschrieben. Nach der Winterpause, als die WSG sieben Punkte holte, hatte es auch kurz danach ausgesehen, als würde sich diese Strategie bezahlt machen. Doch dann kam Corona und die Qualigruppe mit ausschließlich englischen Wochen. Diese intensiven und kräfteraubenden Wochen forderten ihren Tribut: Immer wieder fielen Spieler verletzt aus oder waren einfach nicht mehr in der Lage, ihre Leistung abzurufen. "Wir sind am Zahnfleisch dahergekommen", gestand Stefan Maierhofer, der seine Karriere fortsetzen möchte.
Wie geht’s mit Trainer Silberberger weiter?
Präsidentin Diana Langes-Swarovski sprach schon vor dem Endspiel gegen die Admira eine Jobgarantie aus. Der Langzeitcoach (seit Sommer 2013) hat den Auftrag, zusammen mit Sportchef Stefan Köck eine neue Mannschaft zu formen. "Ich bin mental und körperlich am Ende", gesteht Silberberger, der sich vor der Qualirunde bei einem Motorradunfall eine schwere Unterschenkelverletzung zugezogen hatte. Nächste Woche muss er deshalb zum vierten Mal operiert werden.
Wie sieht die Zukunft von WSG Tirol aus?
Nach dem Abstieg wird die Mannschaft nun einem radikalen Facelifting unterzogen. Es bleibt dem Verein auch gar keine andere Wahl, da a) viele Spieler in die Jahre gekommen und b) zu teuer sind. "Bei kleineren Vereinen machen die TV-Gelder einen Löwenanteil des Budgets aus. Das fällt jetzt weg", weiß Trainer Silberberger. Finanziell steht die WSG ("wir schreiben heuer eine schwarze Null") besser da als Lokalrivale Wacker Innsbruck nach dem Abstieg vor einem Jahr. Sportlich hatten es die Innsbrucker leichter, denn dort konnte auf die Zweiermannschaft zurückgegriffen werden, die bereits in der zweiten Bundesliga spielte. Die WSG muss hingegen das Team runderneuern. Nicht nur deshalb ist der sofortige Wiederaufstieg kein Thema. "Es wäre jetzt fatal, Luftschlösser zu bauen. Dann gehen wir das nächste Mal in den Graben", sagt Silberberger.
Ist Präsidentin Langes-Swarovski gescheitert?
Sie hat zumindest erkennen müssen, dass ihre großen Visionen von einem neuen Tiroler Topklub sich nicht so leicht verwirklichen lassen. Sie war bekanntlich angetreten, um die WSG langfristig in der Bundesliga zu etablieren. "Wir wollen etwas Nachhaltiges schaffen", hatte sie vor der Saison im KURIER-Interview gemeint und damit die Aussagen von Trainer Silberberger unterstrichen. Er hatte, angesprochen auf die Zukunftsziele gemeint: "Ich sehe uns im Idealfall in der Bundesliga unter den ersten fünf, mit einer totalen Identifikation in Tirol und einem Zuschauerschnitt von 7.000 oder 8.000. Dass wir das sind, wofür der FC Tirol Ende der 1980er-Jahre unter Ernst Happel gestanden ist: eine Topadresse in Österreich."
Das vergangene Jahr machte außerdem deutlich, dass dieser Verein den Tiroler Fans bei weitem nicht so unter die Haut geht wie erhofft. Geschweige wie der FC Wacker. Daran konnte auch die strategische Namensänderung zu WSG Tirol nichts ändern, weshalb bereits darüber nachgedacht wird, sich fortan wieder WSG Wattens zu nennen. "Wir müssen wieder zurück zu unseren Wurzeln", fordert Silberberger.
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