Dass der Kapitän und zusätzlich der Topverdiener entgegen der Hoffnungen vom Trainingsstart weiterhin fehlen, ist sicher einer der Gründe für die seit Saisonbeginn noch weiter auseinandergegangene Schere zwischen Serien- und Rekordmeister.
Was ist da schief gelaufen, Herr Doktor? Thomas Balzer verwendet im KURIER-Gespräch ein Wort besonders oft: „Knorpelschaden.“ Fachmännisch erklärt der Mediziner die Hintergründe und warum gerade diese Verletzung Kaderplanungen so schwierig macht. Nikica Jelavic dient als historisches Beispiel: Ein Knie des Goalgetters war dermaßen beschädigt, dass in Hütteldorf 2010 befürchtet wurde, der Transfer nach Glasgow würde am Medizincheck bei den Rangers scheitern. Tatsächlich schoss sich der Kroate auch noch zu Everton in die Premier League und beendete seine Karriere erst heuer als 35-Jähriger.
„Wenn ein Knorpel einmal beschädigt ist, sind weitere Probleme nur logisch. Entweder direkt am Knie, oder in anderen belasteten Regionen. Wie groß die Schmerzen werden und wie schnell, ist aber kaum zu prognostizieren“, erklärt Balzer.
Trainer Didi Kühbauer hatte lange auf sein Schlüsselspieler-Duo gewartet. Erst knapp vor Transferende kamen mit Emanuel Aiwu und Thierno Ballo zwei Spieler, die als direkter Ersatz für die Langzeitverletzten angesehen werden können.
Abseits des Kicker-Dramas sind für Rapid zumindest nicht die vollen Gehälter zu überweisen – bei längeren Pausen greift eine Versicherungsleistung mit einer finanziellen Höchstgrenze für die Spieler. Mit Saisonende laufen beide Verträge aus.
Schobesbergers Knorpel ist seit einem überstürzten Comeback in Genk im November 2016 beschädigt. Bei Dibon brachte eine Arthroskopie vor drei Wochen Klarheit: Die Belastungen der langen Reha sorgten für diese besonders unangenehme, aber häufig festgestellte Folgeverletzung. „Auch bei Ivan Mocinic und Tamas Szanto war der Knorpel das entscheidende Problem“, erinnert sich Balzer an das hochveranlagte Mittelfeld-Duo, das nicht mehr auf Touren kam.
Während Routinier Dibon einen letzten Anlauf für ein Comeback im Frühjahr nimmt, ist Schobesberger vergleichsweise nahe am Profikader. Doch nach den Einsätzen des 27-Jährigen bei Rapid II wiederholen sich ähnliche Sorgen: Es zwickt die Muskulatur an verschiedenen Stellen.
Balzer erklärt: „In der Regionalliga könnte Schobi sicher mitspielen. Aber dieser letzte Schritt, um den Belastungen mit Profi-Rhythmus dauerhaft standzuhalten, ist noch nicht gelungen.“
Vor allem die frühere Stärke – schnelle Wendungen in höchstem Tempo – sorgt für regelmäßigen Alarm.
Während bei den grünen Sorgenkindern über ein Karriereende nachgedacht werden muss, warnt Balzer bei den anderen Verletzten vor Hysterie.
Richard Strebinger hatte beim Comeback gegen die Admira (1:2) das Pech, genau auf die beleidigte Schulter zu fallen. Der Tormann ist wieder angeschlagen und lehnt Schmerzmittel ab. „Da hat Richard auf Dauer gesehen Recht, auch wenn er jetzt dadurch das eine oder andere Spiel verpasst.“
Dalibor Velimirovic ist nach dem Kreuzbandriss und einer Folgeverletzung voll fit, kämpft aber noch damit, das Vertrauen in den eigenen Körper und das Selbstvertrauen von früher aufzubauen.
„Knochenmarködem“ lautet die Diagnose bei Robert Ljubicic und auch Lion Schuster nach Schlägen in Zweikämpfen. „Das kann in einigen Tagen wieder passen oder Wochen dauern. Eine Prognose, wie sie bei Muskelverletzungen üblich ist, wäre unseriös“, betont Balzer, weil nicht jedes Ödem gleich schnell verschwindet.
Kühbauer setzt auf Geduld: „Ich wäre ein schlechter Trainer und Mensch, wenn ich einen Spieler wie Ljubicic in einen Einsatz hetze, nur um sich gegen Salzburg mehr Chancen auszurechnen.“ Auch in der aktuellen Krise muss jeder Spieler selbst grünes Licht geben, um aufgestellt zu werden.
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