Es gibt dieses Bild von Angela Merkel, das sie nach dem WM-Titel der deutschen Nationalmannschaft 2014 in der Mannschaftskabine zeigt. Umringt von den Weltmeistern, einige von ihnen mit nacktem Oberkörper, alle in Feierlaune und mittendrin die deutsche Bundeskanzlerin, die sich in dieser ungewohnten Umgebung sichtlich nicht unwohl fühlt und beim Foto sogar auf ihre Merkel-Raute vergisst.
Wann immer ein Politiker die Nähe zu Athleten sucht, dann wird das ein schmaler Grat zwischen aufrichtiger Begeisterung oder nüchternem Kalkül. Sportler stehen in der Gunst der Bevölkerung oft höher als politische Entscheidungsträger, und sind sie auch noch erfolgreich, dann wittern manche Politiker einen aufgelegten Elfmeter, um mit einem gemeinsamen Auftritt auch ihre Beliebtheit zu steigern.
Je länger Angela Merkel im Amt war, desto mehr hat man ihr das Interesse für das deutsche Nationalteam abgenommen. Irgendwann hatte es sich eingebürgert, dass die Bundeskanzlern nach wichtigen Spielen in der Kabine aufkreuzte, häufig sogar ohne Begleitung von Kameras.
Die Deutschen haben die Kabinenbesuche ihrer Kanzlerin jedenfalls nicht kritisch gesehen. Ganz im Gegenteil: Es wird kein Zufall sein, dass Angela Merkels Beliebtheitswerte just im Sommer 2014 in bis dahin ungeahnte Höhen schossen.
Der Blick auf die Ehrentribünen kann oft entlarvend sein. Während manche Politiker gelangweilt aufs Handy starren, gibt’s einige, die richtig mitfiebern und sich in diesen 90 Minuten nichts um die Politik scheren. Augenscheinlich war das bei Kolinda Grabar-Kitarovic in den Tagen der Fußball-WM 2018 in Russland. Die kroatische Ministerpräsidentin fieberte im Teamtrikot auf der Tribüne mit und wirkte wie ein einfacher Fan.
Hierzulande dient vor allem der Skisport als wichtigste Nebensache der Welt Politikern gerne als willkommene Bühne. Wenn die Kameras bei den Hahnenkammrennen und dem Nightrace über die Ehrenplätze schwenken, dann tummeln sich dort die politischen Würdenträger. Und mitunter herrscht sogar ein Griss, wer denn nun bei der Siegerzeremonie die Trophäen überreichen darf.
Fürst Albert von Monaco hat diesbezüglich eine riesige Erfahrung. Alle Jahre wieder herzt er nach dem Formel-1-Grand Prix in der Fürstenloge den Sieger, er ist auch gern gesehener Gast beim Tennisturnier in Monte Carlo und sitzt regelmäßig bei Fußballspielen des AS Monaco auf der Tribüne. Niemand käme auf die Idee, dass er aus diesen Auftritten politisches Kleingeld ziehen wollte, alle nehmen ihm die Sportleidenschaft ab. Immerhin war Albert selbst ein Athlet und startete als Bobfahrer fünf Mal bei Olympia.
Manchmal kann eine gut gemeinte Aktion auch nach hinten losgehen. Der Tiroler Alt-Landeshauptmann Wendelin Weingartner mischte sich einmal im Wahlkampf auf der Nordtribüne unter die FC Tirol-Fans. Die drückten ihm eine grün-schwarz-rot-weiße Fahne in die Hand. Es war die Flagge Palästinas.
Seit damals trägt der ehemalige Landeshauptmann bei den Fans den Kosenamen „Palästinenser-Wendl“.
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