Der Lange schießt sich immer mehr in den Mittelpunkt. Sasa Kalajdzic, zwei Meter groß, hat in dieser Saison für seinen Klub VfB Stuttgart schon elf Mal getroffen, dazu vier Assists geleistet.
Am Samstag möchte er auch in Frankfurt überzeugen. Seine Leistungen werden nicht nur medial wahrgenommen, auch Klubs wie Leipzig haben ein Auge auf den 23-jährigen Wiener geworfen. Die Gerüchteküche gerät ins Brodeln.
Für Österreich kam er bisher zwei Mal zum Einsatz mit insgesamt 46 Spielminuten, weitere dürften in der anstehenden WM-Qualifikation und bei der EURO im Sommer folgen.
Denn kein Offensivspieler des Teamkaders befindet sich in einer derart beneidenswerten Hochform wie Kalajdzic, der ob seiner Gehirnwindungen dennoch bodenständig und demütig bleibt.
Können Sie Ihren Lauf bewusst genießen, oder geht derzeit alles ziemlich schnell? Sasa Kalajdzic: Ich versuche, es zu genießen, aber es geht wirklich alles schnell. Ich will mich auch nicht zurücklehnen, vielmehr suche ich das gute Gefühl, Woche für Woche zu gewinnen und gut zu spielen.
Als Sie damals nach Stuttgart gewechselt sind, haben Sie sich das alles so vorgestellt? Oder wurden Ihre Erwartungen übertroffen?
Der Anfang war schwierig mit der schweren Verletzung. Ich habe mir schon vorgestellt, dass ich erfolgreich sein kann, wenn ich mein Bestes gebe. Ich habe nicht an mir gezweifelt, der Klub hat mir gezeigt, dass er von mir überzeugt ist. Die Frage war nur, wie stark die Liga ist, wie lange brauche ich zum Akklimatisieren, wie verträgt mein Körper die Belastungen?
Der Einstand hätte schlimmer nicht sein können mit dem Kreuzbandriss. Ist da für Sie eine Welt zusammengebrochen?
Ja, im ersten Moment schon. Ich war am Boden zerstört, weil ich davor nie eine Knieverletzung hatte. Aber ich wusste auch, dass das vorbeigehen wird.
Vom Verein erhielten Sie vollstes Vertrauen. Sind Sie ein Typ, der das spüren muss?
Das hat mir schon einen extra Schub gegeben. Vertrauen ist immer gut, aber ich bin nicht abhängig von Vertrauen. Wenn ich es noch nicht bekomme, dann möchte ich es mir erarbeiten. Bei allen Vereinen, wo ich gespielt habe, habe ich schon Vertrauen gespürt, aber nicht immer war man von Beginn weg von mir restlos überzeugt. Das muss man sich mit Leistungen holen und erarbeiten. Ich habe nichts geschenkt bekommen.
Hat Ihr Wiener Schmäh bei der Integration in Stuttgart geholfen?
Durchaus. Manchmal finden die Menschen hier es komisch, was ich sage. Das meiste verstehen sie, aber manchmal packe ich in der Kabine ein Wort aus, das sie nicht kennen.
Zuletzt wurden Sie von Toni Polster in der Bild-Zeitung gelobt, es gab Gerüchte um einen Wechsel nach Leipzig. Wie gehen Sie damit um?
So etwas ist immer schön, ich nehme es als zusätzliche Motivation. Es ist doch eine Bestätigung der Arbeit und der Leistungen - und keine Bremse oder Belastung.
Wer hält Sie als jungen Menschen am Boden? Sie selbst, Ihr Umfeld?
Ich wurde so erzogen, dass ich dankbar sein und am Boden bleiben soll. Das Umfeld ist wichtig, meine Freunde und meine Freundin sind alle bodenständig und nicht abgehoben. Natürlich kann man sich hin und wieder etwas gönnen. Ich habe aber auch keinen Grund, abzuheben.
Aus Ihrem Freundeskreis hat noch keiner gesagt, dass Sie jetzt nicht abheben sollten?
Doch, das kommt hin und wieder vor. Aber nicht, weil ich schon abgehoben bin. Sie meinen, ich soll bleiben, wie ich bin, auch wenn derzeit alles sehr schnell geht. Gut, so ein Korrektiv zu haben.
Welchen Hobbys gehen Sie abseits des Fußballplatzes nach?
Ich verbringe gerne Zeit mit meiner Freundin, die jetzt zu mir gezogen ist. In Corona-Zeiten gehen wir viel spazieren, natürlich würden wir auch gerne mal in die Stadt auf einen Kaffee gehen. Aber das ist derzeit nicht möglich. Ich spiele gerne Basketball, ich zocke hin und wieder auf der Playstation. Nach dem Fußball gibt es bei mir wenig Fußball. Ich schaue mir Spiele der Admira an, wenn wir nicht zeitgleich spielen.
Welchen Stil muss ein Team pflegen, dass Sie Ihre Stärken richtig ausspielen können? Bei Ihrer Körpergröße ist ein gutes Flankenspiel nicht ganz falsch.
Ich glaube, dass ich kein spezielles System brauche, in dem ich funktioniere. Ich kann mich gut anpassen, ich brauche vielleicht ein bisschen Zeit, bis alles greift und klappt. Flanken sind natürlich gut für mich, aber ich passe immer wieder meine Laufwege an und will auch im Kombinationsspiel dabei sein.
Für Ihre Körpergröße sind Sie sehr beweglich. Was tun Sie für Ihren Körper?
Ich bin nicht der schwere, muskulöse Typ, sondern eher schlaksig. Ich habe schon in der Jugend viel und gut gedehnt, das kommt mir jetzt zugute. So bin ich geschmeidig geblieben.
Im März beginnt die WM-Qualifikation. Beim Nationalteam haben Sie schon hineingeschnuppert. Wie sehen Sie Ihre Rolle, nachdem Sie sich zuletzt aufgedrängt haben?
Ich bin froh und stolz, dabei zu sein. Meine Rolle kenne ich noch nicht so genau, ich war erst zwei Mal dabei und habe sehr wenig gespielt. Ich bin in einer Findungsphase. Ich kann mich nur mit Leistungen empfehlen. Die Konkurrenz ist auf meiner Position sehr groß.
Aber auf Ihrer Position hat keiner Ihrer Konkurrenten so eine Hochform wie Sie aktuell.
Vielleicht stimmt das, aber dafür haben sie sich im Nationalteam über die Jahre schon einen Status erarbeitet. Ich bin erst neu dabei. Einen Status muss ich mir erst erarbeiten.
Hoffen Sie bei den anstehenden drei Spielen im März auf Einsätze?
Ich gehe es entspannt an. Jedes Spiel ist für mich ein Zuckerl.
Für Toni Polster sind Sie der Einser-Stürmer für die EURO. Ist das Turnier schon in Ihrem Kopf?
Es ist freilich wunderschön, wenn eine Legende über mich gut spricht. Ich nehme es als Motivation. Und ich würde mich freuen, wenn ich bei der EURO dabei wäre. Was mich etwas bedrückt, ist der Umstand, dass das Turnier vielleicht ohne Fans stattfinden wird. Eine EM ist ein Fest, bei dem ganz Europa mitfiebert. Ich war vor Jahren selbst in Wien mit Freunden beim Public Viewing. Das war schön - und das fällt jetzt vielleicht weg.
Welches war das erste Turnier, das Sie als kleiner Bub bewusst miterlebten?
Die EURO 2004 in Portugal mit dem Sieg der Griechen. Danach die WM 2006 und die EM 2008 habe ich noch bewusster miterlebt.
Von welchen Spielern schauen Sie sich etwas ab?
Abschauen kann man sich von vielen etwas - von Ibrahimovic, Messi, Ronaldo oder Marko Arnautovic beim Nationalteam.
Was wäre aus Ihnen geworden, wären Sie nicht Profi geworden?
Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich hätte ich studiert. Maschinenbau zum Beispiel. Oder ich wäre in den Sportbereich gegangen und hätte nebenbei als Amateur irgendwo gekickt. Aber das ist Theorie, ich lebe lieber in der Gegenwart.
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