Viereinhalb Jahre nachdem Franco Foda präsentiert wurde, geht die Teamchefsuche von vorne los. Den Fahrplan hat ÖFB-Präsident Gerhard Milletich vorgegeben: Sportdirektor Peter Schöttel darf dem Präsidium unterbreiten, wie und mit wem es weitergehen soll.
Schöttel selbst versichert, bis jetzt nur „sondiert“ zu haben. „Verhandelt habe ich mit noch niemandem.“ Namen will er sich freilich nicht entlocken lassen. Und selbst beim Anforderungsprofil blieb der Sportchef oberflächlich: „Ich wünsche mir ein Team, das dominant auftritt und erfolgreich ist.“ Wer wünscht sich das nicht?
Der KURIER greift in die Werkzeugkiste für Fußballtrainer und erstellt ein Profil.
Auftreten
Die Anforderungen an einen Teamchef sind längst nicht mehr nur sportlicher Natur. Er ist Aushängeschild einer Fußball-Nation, steht in der ersten Reihe und muss der Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen. Wer das auf eine so charmante Art hinbekommt, wie es etwa Marcel Koller tat, ist im Vorteil. Bemerkenswert, wie der eloquente Schweizer, in Wien samt Gattin auch stets gern gesehener Gast in Kunst- und Kulturszene, die Menschen über die Grenzen des runden Leders hinaus für sich zu gewinnen wusste. Allerdings: Das perfekte Auftreten gewinnt noch lange keine Fußballspiele.
Anpassungsfähigkeit
Um erfolgreich zu sein, braucht es im Bereich der Kernkompetenz vor allem eines: Anpassungsfähigkeit. Es gilt, seine Mannschaft innerhalb von oft nur drei Tagen auf Spiel und Gegner einzustellen. Anhand der eigenen Stärken, aber dennoch taktisch flexibel. Wer nur einen Spielstil in seinem Repertoire hat und versucht, die Spieler damit zu umklammern, wird wie Foda nicht die gewünschten Erfolge einfahren.
Bei der Auswahl seiner Trainer ist der ÖFB zuletzt nach einem Schema vorgegangen: Wer ist verfügbar? Wer ist zu finanzieren? Wer hat etwas gewonnen? Während man um die ersten beiden Parameter nicht herumkommen wird, gilt es nun vor allem, die dritte Frage zu erweitern. Ein Meistertitel vor fünf oder zehn Jahren mag sich oberflächlich betrachtet gut verkaufen lassen. Spannender ist allerdings ein Blick hinter den Vorhang. Wer nicht hinterfragt, mit welchem Stil der jeweilige Kandidat bisher erfolgreich war, darf sich nicht wundern, wenn später in der Kabine verschiedene Interessen aufeinanderprallen. Die Frage, nach welchem Stil er Ausschau hält, ließ Schöttel am Freitag unbeantwortet.
Pressing-Stil
Und wenn schon der ÖFB sich noch immer nicht zu einer durchgängigen Spielphilosophie durchringen kann, so sind es aktuell zumindest indirekt die vorhandenen Spielertypen, die eine Richtung vorgeben. Konkret im Vordergrund steht dabei das proaktive Spiel gegen den Ball. Die meisten ÖFB-Kicker sind dazu ausgebildet, ihre Gegner aggressiv und möglichst nahe am gegnerischen Tor zu attackieren und nach Balleroberungen direkt in Richtung Tor zu spielen.
Ein Stil, der stärkere Gegner vor Probleme stellt und der hauptverantwortlich dafür ist, dass die Bundesliga, gemessen an den Erfolgen der Vereine im Europacup, heute die achtbeste Liga in Europa ist. Ein Trainer, der wie der reaktiv denkende Franco Foda vor seiner Bestellung nicht bewiesen hat, dass er diesen Stil beherrscht, wird mit Österreichs Kickern auf keinen grünen Zweig kommen.
Ballbesitz
Lösungen im Ballbesitz werden unter Foda schon lange vermisst. Österreichs Team hatte zuletzt im Schnitt (wie auch in Cardiff) rund 60 Prozent Ballbesitz. Wer für diese Phasen keine tauglichen Ideen hat und wie Foda nach Niederlagen den Spielern den Schwarzen Peter zuschiebt („einfache Ballverluste“, „im Spielaufbau langsam“), wird ebenso scheitern.
Zu viel verlangt? Nicht wirklich. Gesucht wird Österreichs oberster Fußballtrainer. Und der darf durchaus auch einmal selbstkritisch sein. Wie etwa zuletzt Real-Coach Carlo Ancelotti, der das 0:4 im Clasico gegen Barcelona auf seine Kappe nahm. Auch Selbstkompetenz ist eine Eigenschaft, die Franco Foda in viereinhalb Jahren hat vermissen lassen.
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