Vier Punkte Vorsprung hat Sturm auf Salzburg. Sollten die Grazer den Vorsprung auch nach den Spielen am Sonntag gehalten haben, ist nicht nur der Titel fixiert – ganz Graz wird kopfstehen, denn auch der GAK steht bereits als Sieger der zweiten Liga fest.
Zwei Meister aus einer Stadt, das gab es in Österreich bisher erst zwei Mal – und das in Wien. In der Saison 1975/76 wurde Austria-WAC Meister, die Vienna gewann die 2. Division. Dasselbe Bild gab es zehn Jahre später: Meister wurde Austria Wien, die Vienna gewann das Mittlere Play-off.
Fünf Grazer Derbys wären möglich
Dass der GAK aufsteigt, sorgt bei vielen Grazern für Freude, wird aber auch Probleme mit sich bringen. Denn Sturm und die Rotjacken teilen sich ein Stadion, unter Umständen könnte es in der nächsten Saison vier Derbys geben. Treffen die beiden Rivalen auch zum dritten Mal in Folge im Cup aufeinander, sind es sogar fünf.
Die Rivalität der Vereine ist ebenso legendär wie ihre Geschichte.
Legendäre Derbys
Ein Projekt des Grazer Schauspielhauses mit dem Titel „Bist Du GAK oder STURM“, zeigte schon 2020, wie groß die Rivalität zwischen den Vereinen ist. In 199 Duellen gewann 82-mal Sturm und 68-mal der GAK. In die Geschichte eingegangen ist der 4:0-Sieg des GAK im Februar 2005 vor allem wegen der Reaktion von Sturms Günther Neukirchner in einem Interview. „Des is die nächste depperte Frog“ wurde zu einem ähnlich berühmten Fußballer-Spruch wie Toni Pfeffers „Hoch wermas nimmer gwinnen“.
Legendäre Präsidenten
Sturms Hannes Kartnig und Ex-GAK-Präsident Harald Fischl liebten es, sich gegenseitig zu häkerln. „Red so im Parlament. Aber im Sport herrschen solche Töne nicht“, sagte Kartnig vor laufenden Kameras während eines Derbys zum Politiker Fischl. Dieser wiederum konterte: „Mach ka Politik, davon verstehst du nix. Da höre ich auf, wenn du dazukommst.“
Legendäre Spieler
Ivica Vastic war während der goldenen Sturm-Zeit Ende des Jahrtausends Teil des magischen Dreiecks mit Mario Haas und Hannes Reinmayr bei Sturm Graz. Alle drei wurden in die „Jahrhundertelf“ des Klubs aufgenommen. Beim GAK fiedelten etwa Ralph Hasenhüttl, Dieter Ramusch, Roland Kollmann und Toni Ehmann. Nicht nur wegen seiner Dreiviertelhose in Erinnerung geblieben ist der jugoslawische Tormann Savo Ekmečić. Bis 1985 absolvierte er ununterbrochen (!) 269 Pflichtspiele für den GAK. 2002 wurde er in einer Publikumswahl zum „Spieler des Jahrhunderts“ des GAK gewählt.
Legendäre Stadien
Im Vorjahr gab es Ausschreitungen unter den Fans. Sturm pocht nicht nur deshalb auf eine rasche Stadionlösung. Ein Standort für ein neues GAK-Stadion wird gesucht, Sturm will das Stadion Liebenau kaufen oder zumindest das Baurecht erwerben. Derzeit ist die Arena nicht tauglich für die Champions League, Sturm müsste nach Klagenfurt auswandern.
Diese Situation empört auch Landeshauptmann Christopher Drexler. „Graz ist derzeit Fußball-Hauptstadt. Es steht nirgends in der Verfassung, dass Österreichs Nationalstadion in Wien stehen muss“, sagte der Grazer im KURIER am Samstag und wagt somit einen Vorstoß in seiner Heimatstadt.
Im Gegensatz zur alten Grazer Gruabn ist das aktuelle Stadion allerdings ein moderner Fußball-Tempel. Von 1919 bis 1997 trug Sturm seine Heimspiele auf dem engen Platz mit der alten Holztribüne aus. Der GAK spielte 103 Jahre im Casino-Stadion. 2005 wurde es abgerissen und musste einer Wohnsiedlung Platz machen.
Legendäre Trainer
Ivica Osim ist der größte Trainer, der je bei Sturm auf der Bank saß, beziehungsweise davor stand. Der Mann aus Sarajevo führte Sturm zum Meistertitel und unter die 16 besten Teams der Champions League. Osim starb am 1. Mai 2022 in Graz, am 113. Jahrestag des Bestehens des SK Sturm Graz.
Hans-Ulrich Thomale stieg 1995 mit dem GAK aus der 2. Liga auf und schaffte auf Anhieb die UEFA-Cup-Qualifikation. Walter Schachner untermauerte seine positive Trainer-Statistik mit der „Schoko-Tabelle“, in der er nur die Spiele unter seiner Ära zählen ließ. In der Champions League besiegte der GAK unter seiner Führung auswärts Liverpool mit 1:0 (das Rückspiel ging 0:2 verloren).
Als mutmaßlicher GAK-Trainer auch außerhalb Österreichs berühmt wurde Albertas Klimawiszys. Gespielt vom Komiker Hape Kerkeling übernahm der „Litauer“ 1999 für wenige Stunden das Traineramt beim GAK von Klaus Augenthaler. Das Video dazu auf YouTube hat mittlerweile mehr als drei Millionen Aufrufe. Über Stürmerstar Igor Pamic, der bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen hatte, sagte er: „Er hat schnelle Auto, aber Fuß ist langsam.“ Unruhe verbreitete das Schauspiel beim GAK nicht. Das folgende Derby gegen Sturm gewann man 1:0 – Torschütze: Pamic.
Nach dem Höhenflug in der Champions League ging es für den GAK steil bergab. Ermittlungen wegen schweren Betrugs, Untreue und Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen - 2007 musste der Verein Konkurs anmelden und in die dritte Liga absteigen. 2012 musste der Spielbetrieb komplett eingestellt und der Verein (vorerst als GAC) neu gegründet werden.
Sturm Graz brachte 2006 einen Konkursantrag ein, Kartnig musste zurücktreten – und sogar in Haft. Auf dem Platz machte man aus der Not eine Tugend: Man konzentrierte sich auf die Jugend und beendete die Konkurssaison trotz 13 Punkten Abzug auf Platz sieben.
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