Stöger: "Ohne Freiräume wirst du verrückt"

Blick voraus: "Es wird bis zum Schluss eng bleiben."
Österreichs erfolgreichster Trainer-Export spricht über das intensive Jahr mit Aufsteiger Köln.

Endlich durchatmen und die Akkus aufladen. Von wegen. Kaum ist Peter Stöger als Köln-Trainer in den wohlverdienten Urlaub gegangen, beginnt für den Wiener daheim der private Weihnachtsstress. Am 25. Dezember begibt er sich zum Skifahren nach Saalbach, danach genießt er noch ein paar freie Tage in seiner Heimatstadt Wien. Dann beginnt der Stress wieder von Neuem.

KUIER: Herr Stöger, Sie sind mit Köln in die Bundesliga aufgestiegen und kämpfen nun um den Klassenerhalt. War es das intensivste Jahr Ihres Lebens?

Peter Stöger: Ja, das kann man schon sagen. Gefühlt war es weit mehr als ein Jahr, weil alles so unfassbar schnell gegangen ist. Ich hatte kaum Zeit, um das alles zu begreifen. Zunächst der Aufstieg, dann im Herbst die Hinrunde, in der wir nie auf einem Abstiegsplatz gelegen sind. Wir haben uns auch als Trainerteam in der Liga etabliert. Es ist schon sehr viel passiert.

Ist Köln konkurrenzfähig?

Ja. Und es ist für mich schön, das zu beobachten. Gegen qualitativ stärkere Gegner haben wir uns gut verkauft.

Schafft Köln den Klassenerhalt?

Ich glaube schon. Aber es wird sehr schwierig und bis zum Schluss eng.

Wo hat Köln Aufholbedarf?

Wir hatten Probleme gegen defensiv agierende Teams. Aber wir haben eigentlich alles erlebt: Niederlagen, schlechte Phasen, aus denen wir uns befreit haben, dann wieder unerwartete Erfolge. Wichtig ist für die ganze Gruppe, dass wir diese Erfahrungen gemacht haben. Die haben uns stabiler gemacht.

Worauf wird es im Frühjahr ankommen?

Dass die Gruppe weiter so funktioniert wie bisher. Ein paar Dinge müssen wir verbessern, das kommt hoffentlich mit der Erfahrung. Einen großen Umbruch brauchen wir nicht zu starten.

Wird sich Köln in der Winterpause verstärken?

Schwer zu sagen, es gibt Gespräche. Aber viel wird wohl nicht passieren.

Haben Sie im Vorfeld der Saison etwas unterschätzt?

Nein, eigentlich habe ich die Dinge richtig eingeschätzt. Überraschend war, dass beide Aufsteiger, also Paderborn und wir, nie auf einem Abstiegsplatz waren. Und dass viele Mannschaften, die klar über uns zu stellen sind, viele Punkte liegen gelassen haben. Die meisten haben irgendwann geschwächelt.

Wäre der Klassenerhalt mehr wert als der Aufstieg?

Ja.

Wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus?

Die Arbeit hat sich nicht verändert, aber das Rundherum hat eine riesige Dimension angenommen. Man muss sich Zeit für private Dinge abzwicken, denn das Private kommt zu kurz.

Gab es schon Sonntage, an denen Sie nur noch schlafen und von der Umwelt nichts wissen wollten?

Ja, diese Sonntage habe ich schon gehabt. Diese Zeit muss man sich auch nehmen.

Viele Spitzentrainer altern sichtbar im Laufe der Jahre. Haben Sie Angst, dass Ihnen alles einmal zu viel werden könnte?

Du musst dir Freiräume schaffen, ohne die wirst du verrückt. Dann kommst du in den Bereich, wo dir gefühlt alles zu viel wird. Zum Glück weiß ich bei all meinem Ehrgeiz, dass es auch noch andere Dinge im Leben gibt neben dem Fußball.

Auf dem Medienklavier wissen Sie durchaus gut zu spielen.

Aber auch in diesem Bereich ist alles mehr geworden, weil sich überregionale Medien vermehrt für Köln interessieren. Es ist ein großer Klub mit Tradition.

Wie war es, prominente Trainer-Kollegen wie Guardiola und Klopp zu treffen? Wie groß war und ist der Respekt?

Es sind alle Kollegen wirklich sehr nett und umgänglich. Mit meinem Assistenten Manfred Schmid bin ich im Herbst oft vor dem Spiel auf dem Platz gestanden und habe gescherzt, dass wir diese Trainer früher alle am Dienstag und Mittwoch im Fernsehen bei der Champions League gesehen haben. Einen Di Matteo oder Guardiola, die den Bewerb sogar gewonnen haben. Wir haben das witzig gefunden, aber so ganz begreifen kann ich es vielleicht immer noch nicht.

Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Arbeit in Köln auch von diesen Kollegen geschätzt wird?

Absolut. Sie wissen wohl schon, dass das Handling beim 1. FC Köln nicht so einfach ist. Die Kollegen schätzen die Entwicklung des Vereins, das merkt man in vielen Interviews vor den jeweiligen Spielen und in den Stadionzeitschriften der Klubs. Der Respekt vor unserer Arbeit ist definitiv vorhanden. Das ist schön zu sehen.

Die Karriere des Peter Stöger

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