Harald Fux war 26 Jahre jung, als er in Innsbruck am Tivoli-Stadion gearbeitet hat. Anfang 2023 wird auf der Linzer Gugl mit der neuen Raiffeisen-Arena des LASK das jüngste Projekt des Sportarchitekten eröffnet.
KURIER: Das Thema Energie ist sehr präsent. Was hat sich in den letzten 20 Jahren im Stadionbau geändert? Beginnt das Umdenken erst jetzt?
Harald Fux: Möglicherweise in Österreich. In Amsterdam schaffen sie schon eine Fußball-Veranstaltung mit dem eigens erzeugten Strom. Die Energielösungen gibt es. Da muss man nichts mehr neu erfinden. Man versucht heute den Strom zu speichern oder ihn mit anderen Verbrauchern zu teilen. Ziel ist, für die zwei Stunden des Spiels ohne Unterbrechung Strom zu haben.
Nicht so, wie bei einem Länderspiel im Happel-Stadion...
Das ist paradox. Das Pech, dass dir zwei Stromversorger, die jedes Stadion hat, parallel ausfallen, ist extrem. Es ist unerklärlich.
Hat der LASK einen Vorteil, dass er in dieser Zeit baut?
Auf jeden Fall das Glück der späten Geburt. Es war immer vorgesehen, dass der LASK so ressourcenschonend und ökologisch wie möglich agiert.
Was wird in Linz möglich sein auf diesem Gebiet?
Es wird natürlich LED-Licht geben, alle Arten der Wärme-Rückgewinnung geben – ein Blumenstrauß an vielen Elementen.
Was wird das Besondere sein am LASK-Stadion?
Wir wollten kompakt bleiben, trotz aufwendigen Raumprogramms. Groß nur dort, wo groß sein muss, und dort sparsam sein, wo man sparsam sein kann. Es gibt kaum Kubikmeter, die zu viel sind. Was noch einzigartig ist, dass beim LASK Gemeinschaftsgefühl gelebt wird. Der Verein ist daran interessiert, dass sich die Angestellten kennen. Das ist im Stadionprojekt eingeflossen. Da ist die Architektur nicht unwichtig, weil es Räume gibt, wo sich die Leute treffen. Dass nicht nur der Spieler, sondern auch Trainer, Mitarbeiter und Nachwuchs mitgedacht wurde.
Wie sieht das Stadion-Erlebnis für den Fan aus?
Der LASK steigt tatsächlich auf das nächste Level mit Hospitality-Flächen und Angeboten für Zuschauer in allen Kategorien. Es wird der Heimfan mit der schmalen Brieftasche genauso seinen Bereich vorfinden, wie der VIP-Gast ein adäquates Stadionerlebnis haben.
Gab es von der Sportabteilung besondere Wünsche?
Klar. Von Manchester City inspiriert wird es beim LASK eine runde Kabine geben. Ein teamorientierter Raum wird immer rund oder quadratisch sein, nie ein langer Schlauch. Dieser Gedanke erreicht jetzt langsam auch den Sport.
Man hört immer wieder von Italien-Legionären, dass in der Serie A Gästekabinen spartanisch sind. Gerade so, als ob man möchte, dass sich der Gegner nicht wohl fühlt.
Bei Bewerben der UEFA etwa wäre das nicht zulässig. Da müssen die Standards gleich sein. Als wir vor der EURO 2008 in Klagenfurt die Kabinen aufgerüstet haben, haben wir das nicht nur bei der deutschen Kabine getan, sondern auch bei der zweiten.
Wenn Sie zurückblicken auf Ihr erstes Projekt, das Tivoli neu Ende der 1990er-Jahre, was ist seither alles passiert?
Viel. Alleine die Hospitalitybereiche. Rapids Stadion war das erste, das internationale Maßstäbe nach Österreich gebracht hat diesbezüglich. Die Frage, wie groß ein VIP-Bereich sein muss, wie viele Kategorien es gibt, ob sie verbunden sind, welche Art von Logen es gibt, das ändert sich alles. Innsbruck war das erste Stadion, wo man kleine, Theater-ähnliche Logen gebaut hat. Dann kam Salzburg mit einem klassischen Logen-System und dann Rapid mit einer gemischten Variante und einer großen Differenzierung. Beim LASK ist es ähnlich.
Und abseits der VIP-Klubs?
Auch in puncto Barrierefreiheit hat sich viel getan. Nur Rollstuhlplätze zu haben, ist heute zu wenig. Die will man jetzt in allen Kategorien und Höhen und vielleicht auch einmal drei Begleitplätze, statt nur einem. Wir wollen auch, dass seh- oder gehörlose Menschen ihr Stadionerlebnis haben können.
Beim LASK wird die Tribüne von den Fans speziell werden, weil das Stadion zwei Ränge hat, der Bereich der Heimfans aber nicht.
So ist es. Hier gibt es einen gut inszenierten Bruch, wo man geschaut hat, dass die Ausgänge so platziert werden, dass sie möglichst nicht stören, damit es hier eine richtige Wand gibt. Den Heimfans die Möglichkeit zu geben, Stärke als einen Block darzustellen, ist einzigartig. Ein Thema ist auch, einen Schalltrichter zu installieren. Tottenham hat das gemacht. Es geht dabei darum, wie ich die Stimmung der Heimfans in den Rest des Stadions übertragen kann, ohne die Anrainer zu stören.
Und außerhalb gibt es dann eine Fanzone.
Eine sehr prominente. Es gibt ein großes Fanlokal, ein Fandorf. Eine halböffentliche Zone. Ein Ort, an dem auch ein junger Fan an den Heimfans vorbeikommt, ohne sich fürchten zu müssen.
Themenwechsel. Angenommen, das denkmalgeschützte Dach des Ernst-Happel-Stadions löst sich in Luft auf. Wonach schreit dieser Standort Ihrer Meinung nach?
Nach einem Neubau mit einer idealen Kapazität. Als Chance sehe ich, dass das Stadion nicht per Bescheid unter Denkmalschutz steht, sondern dieser Schutz nur automatisch besteht, weil es öffentliches Eigentum ist. Ein Neubau müsste jedenfalls mehr sein, als ein Stadion. Eine Location wie diese im Prater darf man nicht verschenken, die funktioniert erstklassig, ist im Herzen der Stadt und bestens angebunden. Dazu ein historischer Ort. Dass dieses Stadion nicht mehr funktionell ist, kann man nicht wegdiskutieren.
Die Stadt Wien argumentiert, dass es ideal für Konzerte sei.
Bei Ed Sheeran haben sie drei Tage aufgebaut. Das kostet ja auch etwas. Open Air Konzerte sind super und gehören dort hinein. Aber man muss Bühnentechnik einbauen, dazu Fluchtwege. Das ist nicht wenig Aufwand und schmälert den Gewinn. Wenn man ein neues Stadion baut, muss man den Businesscase Fußball international, Konzertveranstaltungen usw. mitdenken. Also einen Ort, der mehr ist als ein Stadion. Das ist jetzt nicht ausreichend der Fall. Und natürlich ist die Laufbahn ein Problem. Wenn man lieber im VIP-Club vor dem Bildschirm sitzt, als in der fünften oder sechsten Reihe, dann stimmt etwas nicht.
Kann man ein solches Stadion erfolgreich betreiben?
Das Happel-Stadion ist aus der Mode gekommen. Es braucht einen Businesscase und man muss sich gut überlegen, ob man etwa einen fixen Rasen einbaut, oder eine Oberfläche, die für andere Veranstaltungen gut ist. Die Möglichkeit eines Witterungsschutzes müsste auch da sein. Ich muss das Stadion nicht beheizen, brauche aber auch im Spätherbst nicht den kalten Regen im Gesicht. Mit einem guten Konzept kann man ein Nationalstadion erfolgreich betreiben.
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