Rapid-Trainer Robert Klauß: "Das fällt auch in meine Verantwortung"
Der Rapid-Trainer blickt selbstkritisch zurück und optimistisch auf die neue Saison. Robert Klauß über die Stürmer-Frage, Verhandlungen auf Französisch und englische Wochen.
Nach der „intensivsten Woche dieser Vorbereitung“ ist Rapid aus Freistadt abgereist. Abgeschlossen wurde das Trainingslager mit dem Test gegen Debrecen, der mit einem 3:2 (1:2) endete. Gespielt wurde insgesamt 105 Minuten (60 + 45), getroffen haben Neuzugang Beljo (7.), Bischof (70.) und Dursun (102.)
Warum Trainer Robert Klauß auf das Spiel gegen die Ungarn „ganz bewusst keine Rücksicht genommen hat“ und mit dem neuen System so optimistisch wirkt, erklärt der 39-jährige Deutsche im KURIER-Interview.
KURIER: Sie verändern gerade mehr als während der Wintervorbereitung. Warum?
Robert Klauß: Im Winter wurde bewusst nicht so viel verändert, weil vieles gut war. Warum sich jetzt mehr ändert, hängt auch mit den Spielerprofilen zusammen. Als Beispiel: So einen torgefährlichen Flügelstürmer wie Grüll hätten wir nicht eins-zu-eins ersetzen können. Also wie können wir Marco ersetzen? Mit einer zweiten Spitze! Wir arbeiten intensiv an dieser Grundordnung mit zwei Stürmern – dafür ist jetzt auch die Zeit, die während der Meisterschaft fehlt.
Nominell sind die vier offensiven Top-Spieler im neuen 4-2-2-2-System Schaub, Seidl, Burgstaller und Beljo – fehlt da nicht das Tempo?
Einerseits hängt das davon ab, wie wir spielerisch funktionieren, andererseits müssen die vier nicht zugleich am Platz stehen. Für das hohe Tempo haben wir Jansson, Lang, Dursun und Bischof.
War es das Ziel der vielen Transfers, den Qualitätsabfall auf der Bank zu verkleinern?
Wir haben uns auf zwei Arten verstärkt.
Das sind die Zugänge, die auf dem Papier viel Qualität haben, aber natürlich auch noch funktionieren müssen. Und zum zweiten werden wir davon profitieren, dass so viele Junge vergangene Saison erste Einsätze gesammelt haben. Sie haben sich daran gewöhnt, weiterentwickelt und deswegen gibt es jetzt viel mehr Konkurrenzkampf in der täglichen Arbeit. Das tut uns gut.
Sie konnten Serge-Philipp Raux-Yao in den Verhandlungen überraschen. Wie gut sprechen Sie Französisch?
Gut genug, um mich mit allen unterhalten zu können. Aber vor den langen Gesprächen mit Serge, die uns zueinander gebracht haben, hatte ich auch ein wenig im Wörterbuch nachgeschlagen. Er hat mich dann auch überrascht.
Wie das?
Da Seydi noch verletzt ist, war Platz 1 bei den Sprints über 30 Meter frei. Obwohl Raux-Yao 1,97 m groß ist, war er unser Schnellster. Übrigens knapp vor Furkan Dursun.
Sie erwähnen Nachwuchstalent Dursun auffallend oft positiv – warum?
Weil Furkan ein klassischer Neuner ist – das wird leider mittlerweile kaum noch ausgebildet. Sein Profil ist richtig spannend. Deswegen wünsche ich mir, dass er den nächsten Schritt macht.
Rapid hat sich lange um Beljo bemüht – warum war gerade er Ihr Wunschstürmer?
Ich habe mich schon vor Jahren mit ihm beschäftigt. Er gefällt mir als Typ sehr gut: Groß gewachsen, trotzdem technisch gut, Linksfuß – das ist immer unangenehm zu verteidigen – und eine gute Torquote, wenn er regelmäßig spielt. Beljo ist sehr komplett. Außerdem hat Burgstaller Stärken, wenn er einen Partner an seiner Seite hat.
Natürlich hätte er fleißiger sein können. Ich glaube, bei Fally ist es aber eine Frage des Bewusstseins: Er weiß noch gar nicht, wie gut er sein könnte, wenn er wüsste, was es heißt, Profi zu sein und alles aus sich herauszuholen.
Gerade das muss für einen Trainer doch spannend sein.
Ja, sehr. Wir haben auch Fortschritte erzielt. Vielleicht hätten wir in einem Jahr noch mehr für ihn bekommen – ohne Garantie. Aber er wollte gehen, wir haben gesagt: „Nur unter diesen Bedingungen“. Bristol hat diese erfüllt.
Auch Isak Jansson wird von Ihnen für die neue Saison hoch gehandelt. Warum?
Isak ist besonders wertvoll für uns, weil er im eins-gegen-eins der Beste ist und noch dazu hohes Tempo hat. Nur er kann aus dem Stand so am Gegner vorbeigehen. Außerdem ist er flexibel: Er kann hinter den Spitzen im Halbraum spielen, ganz an der Linie, wenn das nötig ist – oder auch ganz vorne.
Was ist in der letzten Länderspielpause im April vor dem Leistungsabfall und der Verletzungsmisere passiert?
Es war nicht nur Verletzungspech. Wir waren athletisch, taktisch und bei den Leistungen der einzelnen Spieler einfach nicht gut genug für diese vielen Entscheidungsspiele. Daraus haben wir viele Schlüsse gezogen.
Auch jenen, mit David Lechner einen neuen Athletiktrainer zu verpflichten?
Nein, das wäre so nicht fair. Die vielen Verletzungen fallen auch in meine Verantwortung als Cheftrainer. Selbst nach einem Cupsieg hätten wir David verpflichtet, weil er einfach am besten zu unserer Idee, was wir wie trainieren wollen, passt.
Als Rapid noch regelmäßig in einer europäischen Gruppenphase war, gab es viele Umfaller in der Liga. Würde das wieder so passieren?
Wir arbeiten deswegen jetzt bewusst so, dass drei Tage vor den Testspielen gegen Slavia Prag und Debrecen besonders intensiv trainiert wurde, vor dem Milan-Spiel wird es auch so sein – um sich möglichst früh an die Belastungen einer englischen Woche zu gewöhnen. Es geht nur über die Erfahrung: Selbst mit Leipzig hatten wir im ersten Jahr mit einer Gruppenphase in der Liga Probleme. Bei Sturm war es damals auch so – heuer haben sie mit ihrer Top-Elf alles durchgespielt.
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