Rapid-Trainer Robert Klauß spricht über große Ziele, neue Spieler, Ansprachen auf Englisch und seine Sorgen vor den aktuellen politischen Entwicklungen.
Robert Klauß ist zufrieden, das ist dem Rapid-Trainer in Benidorm auch anzusehen: „Wir können alles wie geplant umsetzen.“
Vor dem Testspiel gegen Tallinn am Samstag mit dem verspäteten Debüt von Ryan Mmaee und dem Trainingslager-Ende spricht der 40-jährige Deutsche im KURIER-Interview Klartext.
KURIER: Sie haben vor dem 3:0 gegen Kopenhagen Ihre Kabinenansprache auf Englisch gehalten. Kommt das öfters vor?
Robert Klauß: Nein, das war das erste Mal. Der Gedanke war: Es ist ein besonderes Spiel, die Hälfte der Startelf versteht Englisch besser, und ich wollte wirklich alle mitnehmen. Besonders die Neuen, denen die Bedeutung der Europacupnächte – auch für unsere Fans – noch nicht so vertraut ist. Manchmal muss man sich eben auch als Trainer verändern.
Für die tägliche Arbeit fehlen mit Guido Burgstaller und Max Hofmann zwei Ur-Rapidler. Ist das ein Problem?
Wir sind etwas Besonderes als Rapid. Es hilft, wenn du neben dir Leute hast, die den Verein auch mit seiner Historie einordnen können. Im Kader müssen jetzt andere in diese Rolle reinwachsen. Es ist eine Chance, etwa für Niki Hedl, diese Lücke auf jeweils ihre Art zu füllen.
Von den Lautsprechern in der Mannschaft ist aber nur noch Lukas Grgic übrig.
Lukas braucht die dauernde Reibung für seine Bestleistung. Die holt er sich auch gegenüber Mitspielern. Wir müssen laut und aggressiv sein, so wollen wir spielen. Matti Seidl ist etwa schon viel präsenter als vor einem Jahr. Er ist auf einem guten Weg.
Vor Saisonbeginn haben Sie viel von Jansson und Dursun erwartet. Der eine ist explodiert, der andere hat einen Schritt zurück gemacht. Sind Sie überrascht, wie Sie von Spielern überrascht werden?
Bei Isak hab ich bereits nach den ersten Videos im Winter gedacht: „Mit ihm werde ich Spaß haben.“ Furkan konnte leider seine Trainingsleistungen nicht ins Spiel übersetzen. Wir schreiben ihn aber nicht ab. Es wird ihm guttun, wenn er bei Rapid II wieder Selbstvertrauen sammelt. Generell werde ich eher überrascht, wenn es nicht gut läuft – weil ich immer optimistisch rangehe.
Gibt es Winter-Aufsteiger?
Wir haben uns bereits vor der Pause mit Wurmbrand und Schöller gute interne Kandidaten geschaffen. Oswald kann sich nach der Verletzung wieder voll zeigen. Leider fehlt noch Bischof. Dafür kommt mit Mmaee ein sehr guter Spieler dazu.
Wann rechnen Sie mit Neuzugang Romeo Amane, der an einem Knochenmarködem im Zeh laboriert?
Bei seiner Verletzung sind Prognosen schwer. Aber wir schauen, dass Amane Richtung Finaldurchgang zu einer Alternative wird. Und: Ich sehe Romeo nicht als Sangare-Ersatz. Mama will bleiben – und wir wollen ihn jetzt auch nicht verkaufen.
Sie haben zum Trainingsstart von einem offensiven Mittelfeldspieler, der gut dribbelt, gesprochen. Soll noch ein Neuer kommen?
Das ist ein komplexes Thema, da geht es um viele Faktoren, die wir genau abwägen müssen. Noch läuft die Transferzeit – aber es muss nicht unbedingt sein.
Wo erwarten Sie mannschaftlich die größte Weiterentwicklung?
Wir wollen die Spiele, in denen wir überlegen sind, in mehr Punkte umwandeln, die wir tatsächlich holen. Das ist eine Forderung an die Spieler und auch an mich selbst.
Die Spieler klingen extrem optimistisch. Raux-Yao sieht den Meistertitel als realistisch und auch in der Conference League Chancen. Wollen Sie, dass bei Rapid wieder groß gedacht wird?
Es ist völlig okay, wenn die Spieler große Ziele verfolgen. Dafür gibt es dann auch eine sportliche Leitung, die das ganze realistisch einordnen kann. Das Beispiel Raux-Yao zeigt, dass die neuen Spieler frei sind von den Misserfolgen der Vergangenheit oder dieser „Mission 33“. Sie haben gesehen, dass wir alle Topteams der Liga plus Trabzonspor, Basaksehir und Kopenhagen geschlagen haben. Warum sollen sie also nicht vom Titel reden?
Mit Spaß und Ehrgeiz: Die Rapid-Trainer kickten - und siegten
Und für Angstgegner BW Linz haben Sie sich auch etwas einfallen lassen.
Ja, kommende Woche üben wir, wie wir gegen defensive Blöcke zu besseren Lösungen kommen und dann haben wir Blau-Weiß bewusst als letzten Sparringpartner, um auch diese Benchmark nehmen zu können.
Sie stehen politisch für eine „klare Kante gegen rechts“. Bereiten Ihnen die aktuellen Entwicklungen Sorgen?
Ja, das treibt mich um. Es ist nicht unbedingt Angst, aber ein ungutes Gefühl zu Tendenzen in Österreich und Deutschland. Die USA sind nochmals ein anderes Level.
Viele. Einerseits ist es Unverständnis – warum sind die Leute so? Andererseits kann ich Wahlergebnisse nachvollziehen, wenn sich Leute verlassen und abgehängt fühlen. Dann kommt meine Wut, dass es die etablierten Parteien der Mitte nicht schaffen, den Wählern Alternativen und Perspektiven aufzuzeigen. Und es gibt noch die persönliche Ebene.
Was meinen Sie?
Die Frage: In welcher Gesellschaft will ich mit meinen Kindern leben? Deswegen teile ich diese politischen Gedanken offen und gehe privat auch in den Disput.
Wenn ein Spieler fragt, ob er sich politisch äußern soll ...
... frage ich ihn, ob er sich wirklich damit beschäftigt hat. Es bringt nichts, populistische Verknappungen rauszuhauen, die ich auf Social Media lese. Aber wenn er eine überlegte Meinung äußern will, finde ich es gut. Wir stehen in der Öffentlichkeit und sollen in gewisser Form auch Vorbilder sein.
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