Rekord beim Derby der Wahrheit

Unter Druck: Austria-Coach Gerald Baumgartner wird nicht nur von Rapid-Coach Zoran Barisic kritisch beäugt.
Austria-Trainer Baumgartner steht gegen Rapid stark unter Druck. Die Fans sorgen für einen Bestwert.

Die Kulisse verspricht für das 311. Wiener Derby am Sonntag ein Spektakel. Der Saisonrekord mit 25.300 Zuschauern bei RapidSalzburg (1:2) wird sicher fallen, weil schon am Freitag knapp 25.000 Karten verkauft waren. Die Hütteldorfer hoffen, dass am Ende "sogar ein Dreier vorne steht" – also zumindest 30.000 das Prater-Oval zur ungewöhnlichen Beginnzeit um 14.30 Uhr besuchen.

Ob auch die drei Punkte beim aktuellen Tabellendritten bleiben? Beim letzten Derby im Happel-Stadion (es war das 300.) gab es im Februar 2012 ein trostloses 0:0. Diesmal ist die Austria noch mehr unter Zugzwang, Trainer Gerald Baumgartner benötigt dringend ein Erfolgserlebnis.

Das violette Motto lautet: Verlieren ist verboten, weil man dann dem Erzrivalen schon neun Punkte hinterherhinken würde und der angestrebte Europacup-Startplatz außer Sichtweite geriete. "Ein zweites Jahr ohne Europacup-Teilnahme wäre fatal", weiß Finanz-Vorstand Markus Kraetschmer zu berichten. "Dann müssten wir in der kommenden Saison das Budget drastisch kürzen."

Zählen können die Violetten zumindest auf die Statistik. "Oft haben wir im Prater noch nicht gegen die Austria gewonnen", weiß Rapid-Kapitän Steffen Hofmann vor seinem 40. Derby. Tatsächlich jubelten die Grünen 2001 zum letzten Mal im zweiten Bezirk. Die Prater-Erinnerungen von Trainer Zoran Barisic sind gemischt: "1995 gab es ein 1:4. Das war furchtbar, obwohl ich das Tor geschossen habe. Dafür habe ich dann im Frühjahr auf dem Weg zum Meistertitel 1996 beim 2:0 auch ein Tor geschossen." Natürlich jeweils per Freistoß.

Für Sonntag ist der Optimismus groß. "Wir sind gut drauf, wir wissen, was wir können, und was zu tun ist", kündigt Hofmann an. Sportdirektor Andreas Müller meint: "Das Derby ist das wichtigste Spiel für uns. Ich habe mit Rapid noch keines verloren – und das wird am Sonntag auch so bleiben." Sollte der Deutsche recht behalten, würde das auch der Kassier im neu eröffneten Rapid-Fanshop im Stadioncenter spüren.

Hochdruck-Gebiet

Bei der Austria brodelt es hingegen. Meteorologisch verschwand Wien-Favoriten zuletzt in eintönigem Grau, sportlich betrachtet ist der Verteilerkreis ein Hochdruck-Gebiet. Die Verantwortlichen wissen, dass ein Derby-Sieg nicht alle Probleme mit einem Schlag beseitigen würde.

Apropos Probleme, die es zu lösen gilt: Trainer Baumgartner scheint nicht wirklich fündig geworden zu sein. "Es ist mir unerklärlich, dass wir nicht in die Gänge kommen." Auch Kraetschmer kratzt sich am Kopf und sagt: "Die Probleme sind derzeit vielschichtig. Es ist nicht ein Schalter, der umgelegt werden muss, damit plötzlich alles wieder funktioniert."

In der Winterpause wird der Kader ohnehin ausgemistet oder, netter ausgedrückt, adaptiert. Spieler werden abgegeben, damit neue, passendere verpflichtet werden können. In den verbleibenden Partien bis zum Winterschlaf möchte man hellwach sein, so viele Punkte wie möglich hamstern. "Wir wollen schon gegen Rapid damit beginnen", sagt der Coach, der auf Gorgon statt des zuletzt kranken Royer setzen wird.

Im Hintergrund läuft unterdessen die Suche nach einem neuen Sportvorstand – über drei Monate nach der Ankündigung der Pensionierung von Thomas Parits – auf Hochtouren. Gestern tagte erstmals in Favoriten eine von Klub-Boss Wolfgang Katzian angeführte Task Force.

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