Es sind nur ein paar Quadratmeter Nutzfläche, aber sie sind ein gigantisches Symbol. Hier will sich das autoritär geführte Land besonders locker, modern und gen Westen gerichtet präsentieren. Zudem wird hier – im Gegensatz zu den WM-Arenen – Bier ausgeschenkt. Auch ein zuletzt viel diskutiertes Symbol dieser Weltmeisterschaftsendrunde.
Der Konsum hält sich an diesem Abend in Grenzen. Überschäumend ist während der 90 Minuten auch nicht die Stimmung. Schon eher nach Schlusspfiff, als eine bemühte, aber mühevolle Wir-singen-alles-Coverband die Bühne betritt.
Das Areal, auf dem bis zu 40.000 Menschen Platz haben sollen, ist gut gefüllt, aber bei Weitem nicht voll. Es wird viel geplaudert und noch mehr fotografiert. Immerhin ein historisches Ereignis. Das Spiel selbst scheint nur Mittel zum Zweck zu sein, um sich in einmaliger Atmosphäre treffen zu können.
Das alles passt dem Emir durchaus in das Bild, das er von seinem Land in der Welt zeichnen lässt. Soft Power nennt sich dieser alle Gesellschaftsbereiche durchdringende Ansatz der Machtausübung ohne militärische Drohgebärden. Zumindest in dieser Disziplin ist Katar Weltmeister.
Mit Kunst, Wissenschaft und Sport hat sich das kleine, aber steinreiche Land in den vergangenen 30 Jahren international einen Namen gemacht. Es gibt atemberaubende Museen, Ableger der renommiertesten Universitäten der Welt, wie etwa jene der Georgetown University aus Washington D. C. – und es gibt den Weltsport.
Nahezu jede denkbare Disziplin war schon einmal in höchster Mission im Emirat zu Gast. Veranstaltet wurden Weltmeisterschaften im Handball (2015), im Radfahren (2016) oder in der Leichtathletik (2019). Doch all diese Turniere, stets von massiver Kritik begleitet, waren nur Vorboten für jenes Weltereignis, das seit Sonntagabend läuft. Auch Olympische Sommerspiele sind längst nicht ausgeschlossen.
Stärke beweist Katar aber nicht nur mit schrillen Großveranstaltungen, auch die diskreten Töne tragen zum Image als Machtfaktor in der Weltgemeinschaft bei. Der Wüstenstaat ist einer der eifrigsten und erfolgreichsten Vermittler in diplomatischen Belangen. Das Land pflegt ebenso gute Beziehungen zu Ägyptens Muslimbrüdern und den Taliban als auch zu Israel und den USA. Ein akrobatischer wie einmaliger Polit-Spagat.
Erst vor Kurzem verlieh US-Präsident Joe Biden Katar mit dem Begriff „wichtiger Nicht-NATO-Verbündeter“ ein inoffizielles Gütesiegel. Die lange Zeit formulierte Kritik der Terrormitfinanzierung, etwa in Syrien, schweigt das Herrscherhaus erfolgreich weg.
Nun soll man ohnehin nur noch über eines sprechen. Das prophezeite auch Englands Fußball-Legende Gary Lineker im Vorfeld der WM: „Sobald der Fußball beginnt, wird er alles verschlingen.“
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