Die Suche nach einem neuen ÖFB-Präsidenten läuft auf Hochtouren, wenngleich es zuletzt nicht den Anschein hatte. Gartner selbst war es, der auf die Bremse trat. Ein neuer Präsident zum ursprünglich angepeilten Termin im Juni sei unwahrscheinlich. Ob es stimmt, dass er gar mit dem Gedanken spielt, selbst länger zu bleiben oder gar dauerhaft aufzusteigen? „Dieses Gerücht habe ich auch schon gehört“, sagt Gartner. „Blödsinn. Sicher nicht. Mein einziges Ziel ist, das Beste für den ÖFB herauszuholen.“
Große Themen
Das Tempo zu drosseln, erscheint nicht zwingend sinnvoll. Auf dem Spiel steht die Handlungsfähigkeit des Verbandes. Der ÖFB hat Entscheidungen in relevanten operativen und finanziellen Themen zu treffen, etwa rund um den angepeilten Bau des Trainingszentrums in Wien-Aspern. Wie sinnvoll es ist, weitreichende Entscheidungen ohne gewählten Präsidenten zu treffen, wird auch Hans Gartner abschätzen können. Ob er selbst sein Interregnum kurz halten und einen neuen Präsidenten vorschlagen wird, ist offen.
Wie es die Statuten des Verbandes wollen, muss eine Hauptversammlung zwei Monate im Voraus einberufen werden. Soll also im Juni weißer Rauch aufsteigen über dem Ernst-Happel-Stadion, muss dies bei der nächsten Präsidiumssitzung am 28. April festgelegt werden. Um nicht allzu viel Zeit zu verlieren, gibt es bereits kommende Woche ein informelles Treffen der wahlberechtigten Mitglieder.
Auf ein Anforderungsprofil verständigt hat man sich noch nicht. Ein solches gab es selbst vor der Wahl 2021 nur in rudimentärer Ausführung, um möglichst niemanden auszuschließen. Das Resultat ist bekannt. „Es muss zuerst die Compliance-Thematik geklärt sein“, sagt Johann Gartner. „Wir wollen aus Fehlern lernen.“ Wirtschaftliche Unabhängigkeit wird demnach zum K.-o.-Kriterium. Allerdings: Diese hätte man auch bei Verleger Gerhard Milletich vermutet, bis der Burgenländer bei ÖFB-Sponsoren um Inserate in seinen Magazinen anfragte. Ob es sich der Fußball-Bund deshalb leisten kann, etwa einen hochrangigen Sponsorenvertreter mit Kontakten in die Wirtschaft explizit auszuschließen?
„Aus Fehlern lernen“ ließe sich eher auf eine andere Frage projizieren. Nämlich, ob der neue Mann (oder die neue Frau) eine interne oder externe Lösung sein soll. Ob sich diese Frage wirklich stellt, nach Milletichs Amtszeit inklusive monatelanger Grabenkämpfe? Dass es einem der aktuellen Präsidiumsmitglieder gelingt, das zuletzt arg gespaltene Gremium zu einen, erscheint undenkbar. Und sofern sich einer der Herren plötzlich dazu in der Lage sieht, stellt sich die Frage: Wieso hat er es nicht längst getan, um den entstandenen Imageschaden vom Verband abzuwenden?
Frage der Strukturen
Beim dritten Aufstieg eines Landesfürsten in Serie nach Leo Windtner und Milletich würde nebst der internen Unruhe auch der Vorwurf von außen nicht verstummen, man würde im größten Sportverband des Landes im eigenen Saft braten. Umso mehr, nachdem man sich darauf festgelegt hat, dass die aktuellen Strukturen bestehen bleiben. Das funktioniert wohl nur, wenn man diese auch lebt, das Präsidium wie ein Aufsichtsrat agiert, der ehrenamtliche Präsident nur Repräsentant ist und Kompetenzen nicht wie zuletzt überschritten werden.
Für die operative Führung hat der ÖFB mit Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold zwei Geschäftsführer. Die beiden wieder im Sinne der Verbandes auf Schiene zu bringen, wird ohnehin zur ersten großen Herausforderung des neuen Präsidenten.
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