Baumgartlinger: "Die Leute trauen uns etwas zu"

Julian Baumgartlinger: "Wir sind im Zentrum sicher auf einem hohen Niveau."
Mainz-Legionär Julian Baumgartlinger über Konkurrenzkampf, Erwartungen und Druck.

Er ist ein Stiller. Keiner, der auf den Putz haut oder verhaltensauffällig ist. Julian Baumgartlinger hat wahrscheinlich den athletischsten Körper aller Teamspieler und erledigt seine Arbeit verlässlich im zentralen Mittelfeld. Dort, von wo aus Spiele gelenkt und geleitet werden.

KURIER: Durch den neuen Qualifikationsmodus ist die Chance auf eine Endrunden-Teilnahme so groß wie nie. Ist auch der Druck so groß wie nie?

Julian Baumgartlinger: Nein, wir konzentrieren uns nicht auf Modalitäten oder Konstellationen, sondern auf dieses Spiel gegen Schweden. Wir haben eine gute Stimmung in der Mannschaft, am Montag wollen wir ergebnisorientiert spielen.

Fußball-Österreich sagt: Bei diesem Modus muss man sich qualifizieren. Wann, wenn nicht jetzt? Was meinen Sie dazu?

Wir versuchen, das positiv zu sehen. Es herrscht offenbar eine Euphorie, die Leute schauen sich wieder Teamspiele an. Wenn sie sich das von uns erwarten, dann trauen sie es uns auch zu. Das ist ja positiv. Aber man sollte das Muss aus dem Wortschatz streichen. Wer kann schon sagen, dass er sich qualifizieren muss? Das sind nur ganz wenige Nationen. Wie ausgeglichen der aktuelle Fußball ist, das hat man doch bei der WM gesehen.

Ist die Konkurrenz im ÖFB-Team so groß wie noch nie?

Ja. Ich denke, dass es für die internationale Qualität von uns spricht, wenn man sieht, welche Spieler aus Österreich in ganz Europa herumlaufen. Wenn Spieler in der englischen oder spanischen Liga diesmal nicht dabei sind, dann spricht das für die Stärke des Kaders. Die Entwicklung wird so weitergehen, es sind noch andere junge Spieler im Ausland, die den Sprung ebenfalls schaffen werden.

Vor allem auf Ihrer Mittelfeld-Position herrscht viel Andrang.

Absolut, die Situation ist sehr ausgeglichen, wir sind im Zentrum sicher auf einem hohen Niveau. Und es spornt einfach an, wenn man weiß, dass deinen Platz im Team auch andere Spieler haben wollen.

Rechnen Sie mit einem Platz in der Startelf?

Nein, ich erwarte nichts.

In der abgelaufenen Qualifikation haben Sie hervorragende Spiele geliefert. Ist dieses Niveau auch jetzt Ihr Anspruch?

Natürlich. Wenn ich spiele, dann will ich eine tragende Rolle spielen. Speziell auf meiner zentralen Position. Bei vielen offensiv denkenden Spielern ist der sogenannte Sechser sehr wichtig. Da gilt es, Präsenz zu zeigen.

Sind Sie nach überstandener Verletzung so fit wie früher?

Ja, ich habe eine komplette Vorbereitung mitgemacht, dazu schon einige Spiele in den Beinen. Aber ich würde nicht sagen, dass ich stärker denn je bin. Nach so einer Pause braucht es eben Zeit.

Inwiefern haben Sie sich durch den Schritt nach Deutschland verändert?

Ich habe diesen Schritt ja schon einmal in der Jugend gemacht. Und die drei Jahre, die ich nun in der Bundesliga bin, merkt man einfach.

Wie genau?

Man reagiert in heiklen Situationen ruhiger, weil man sie kennt. Der Konkurrenzkampf ist extrem groß. Und in fast jedem Spiel kann es in diese oder die andere Richtung gehen. Selten kann man etwas prognostizieren.

Stets wird darauf verwiesen, dass Schweden mehr ist als nur Zlatan Ibrahimovic. Aber hängt das Team nicht doch sehr von seinem Superstar ab?

Es gibt immer Spieler, die Entscheidendes in einem Team machen. Das ist Ibrahimovic, aber allein wird er das Spiel nicht gewinnen können. Wir wissen, dass wir zuerst andere Spieler stoppen müssen, damit er gestoppt wird.

Können Sie den Namen Zlatan Ibrahimovic noch hören, ohne einen Ausschlag zu bekommen?

Aber ja. Man sieht ja seine Qualität, nicht nur im Team, sondern auch in der Champions League. Deswegen gehören die Fragen zu seiner Person einfach dazu. Die Schweden sind auch stolz, dass sie ihn haben und sind auch überzeugt, dass er sie wieder zum Sieg führen wird. Wir nehmen es, wie es ist. Jedenfalls sind wir vorbereitet auf ihn.

In Stockholm hat Ibrahimovic beim letzten Duell sehr wohl den Unterschied ausgemacht. Was muss man diesmal anders machen?

Wie das bei Weltklassespielern eben so ist, man kann sie nicht immer zu 100 Prozent ausschalten. Wir müssen es wieder versuchen. Ob das dann klappt, hängt von unserer Tagesform ab.

Unter Marcel Koller wurde über zwei Jahre etwas aufgebaut, das eben Zeit benötigte. Ist diese Zeit nun reif?

Das wird man im Laufe der Qualifikation sehen. Man kann sagen, dass man sich weiter entwickelt und Erfahrung gesammelt hat, als Team und auch als Einzelspieler. Aber die Gruppe ist ausgeglichen, da weiß man nie, was passiert.

Nennen Sie einen Grund, warum Österreich gewinnt.

Heimstärke.

Julian Baumgartlinger, geboren am 2. Jänner 1988 in Salzburg, lernte beim USC Mattsee das Kicken. 2001 wechselte er in den Nachwuchs von 1860 München, wo er ab 2006 für die Amateure und schon 2007 auch für die Profis spielte.

2008 unterschrieb er seinen ersten Profivertrag. 2009 wechselte der defensiv wie offensiv starke Mittelfeldspieler zur Austria, für die er 61 Spiele bestritten hat, seit 2011 ist er für Mainz am Ball. Seit seinem Debüt 2009 hat Baumgartlinger 31-mal im österreichischen Team gespielt und ein Tor erzielt.

Kommentare