ÖFB-Teamchef Rangnick: Wie der Unmögliche möglich wurde
Für seine Liliputbahn ist der Prater seit 1928 bekannt. Dass man im Wiener Vergnügungspark auch große Weichen stellen kann, hat der Österreichische Fußball-Bund am Freitag demonstriert.
Eine solche ist mit Sicherheit die Verpflichtung von Ralf Rangnick, die am Freitag im Hotel Marriott im Prater offiziell verkündet wurde, nachdem der KURIER bereits am 6. April vom prominenten Kandidaten berichtet und die Einigung des ÖFB mit dem Startrainer am Donnerstag exklusiv vermeldet hatte.
Der 63-Jährige unterschreibt einen Vertrag bis zur EM 2024 und bringt mit Lars Kornetka nur einen Assistenten mit – vorerst. Sollte man sich für die EM qualifizieren, verlängert sich das Arbeitspapier automatisch bis zur WM 2026, die mit 48 Nationen in Kanada, Mexiko und den USA ausgetragen wird.
Große Hoffnung
Ob es dem ÖFB in vier Jahren gelingt, die Serie von sechs verpassten Weltmeisterschaften zu beenden, ist Zukunftsmusik. Die Hoffnung darauf ist seit Freitag jedenfalls um ein Vielfaches gewachsen. Auch bei Bernhard Neuhold, dem Geschäftsführer der ÖFB-Wirtschaftsbetriebe: „Wir haben zwei schwierige Jahre hinter uns. Jetzt besteht die Hoffnung auf eine Aufbruchsstimmung und darauf, dass auch der Stellenwert des Fußballs wächst. Eine Person mit der Strahlkraft eines Ralf Rangnick könnte dazu in der Lage sein, positive Impulse zu setzen.“
Hohe Erwartungen? Kein Problem für einen Mann, der gerade einen der größten Vereine der Welt trainiert. Drei Spiele noch ist Ralf Rangnick Trainer von Manchester United, ehe er Ende Mai in Bad Tatzmannsdorf erstmals sein neues Team auf den Trainingsplatz bitten wird. Was den ehemaligen Coach von Stuttgart, Hoffenheim, Schalke und Leipzig dazu bewegt, das ÖFB-Team zu coachen? „Es wäre naiv, zu glauben, der ÖFB könnte Rangnick mit einem finanziellen Zuckerl locken“, sagt Neuhold. Rangnick sei nicht teurer, als es etwa Marcel Koller nach seiner Vertragsverlängerung vor der EM 2016 war. Der Schweizer soll in etwa 1,5 Millionen Euro pro Jahr verdient haben.
„Rangnick ist überzeugt davon, dass er mit diesem Team erfolgreich sein kann“, sagt Peter Schöttel und spricht von einem Kompromiss: Der ÖFB hat kein Problem damit, dass Rangnick seine Berater-Tätigkeit bei Manchester United fortsetzt. Neben seinen zwei Gehältern beim ÖFB und in England darf er zudem einen Einzelsponsor mitbringen.
Der Sportdirektor des ÖFB musste zuletzt auch schlechte Nachrichten überbringen. Etwa an Peter Stöger, der stets als Favorit auf den Job gegolten hatte und am Donnerstag eine Absage erhalten hat – weil vom Management Rangnicks die Nachricht kam, wonach der Deutsche zu den Möglichkeiten des ÖFB zu haben wäre.
Keine große Idee
Dass es bereits rund um den 6. April, als der KURIER vom Kandidaten Rangnick berichtete, Kontakt gab, dementiert der ÖFB weiterhin. Ob sich die Herrschaften gar vom KURIER-Bericht haben inspirieren lassen? „Ich habe Rangnick im Hinterkopf gehabt, aber nicht von Start weg kontaktiert“, gab Peter Schöttel jedenfalls zu.
Warum der Sportdirektor nicht gleich groß gedacht hat? Den Verdacht, der Deutsche wäre der Wunschkandidat von Gerhard Milletich und auch vom Präsidenten selbst ins Rennen geworfen worden, wollte man nicht aufkommen lassen. „Ich habe den Vorschlag von Peter Schöttel übernommen“, sagt der ÖFB-Präsident und spart zugleich nicht mit Lob für diesen. „Du hast das sehr professionell und strukturiert gemacht. Danke dafür“, sagte der Burgenländer öffentlich und rundete damit ein stimmiges Bild ab, das der ÖFB in dieser Form schon lange nicht mehr abgegeben hatte. Es habe wohl gewisse Fragen der Präsidiumsmitglieder gegeben, aber keine Diskussion, so Milletich über die Beschlussfassung.
Ob Rangnick gar indirekt dazu in der Lage ist, die Wogen zu glätten die nach der Wahl Milletichs zum neuen Präsidenten entstanden waren? Die Mission beginnt jedenfalls am 3. Juni in Osijek gegen Kroatien in der Nations League.
Kommentare