Widerspruch im ÖFB: Der Bauchfleck des Präsidenten
Klaus Mitterdorfer ist keine eineinhalb Jahre im Amt als ÖFB-Präsident. Die Sonnenseiten des Ehrenamts hat der Kärntner erst kürzlich während der Europameisterschaft in Deutschland kennengelernt. Eine Mannschaft, die attraktiv spielt und dann auch noch Spiele gegen große Nationen gewinnt – Präsidentenherz, was willst du mehr?
So hart wie das Team von Ralf Rangnick beim Aus gegen die Türkei im Achtelfinale gelandet ist, so unangenehm ist die Situation jetzt auch für den obersten Funktionär. Allerdings: Klaus Mitterdorfer hat sich selbst in diese Situation gebracht.
Der 58-Jährige ist unter anderem auch dazu angetreten, die angespannte Situation in der Geschäftsstelle zu lösen. Die Arbeit von knapp 100 Mitarbeitern im größten Sportverband des Landes leidet seit Jahren darunter, dass die beiden Geschäftsführer nicht miteinander können.
Eine Bestandsaufnahme nach seinem ersten halben Jahr fiel eindeutig aus: Mitterdorfer hat in einem über drei Seiten langen Brief an Teile des Präsidiums niedergeschrieben, welche Erfahrungen er mit Generalsekretär Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold, dem Geschäftsführer der ÖFB-Wirtschaftsbetriebe GmbH, gemacht hat.
Seit Montagmittag ist der Brief zur Gänze hier nachzulesen. Der Tenor des Schreibens und die Erkenntnis Mitterdorfers ist klar: Bernhard Neuhold ist dem Präsidenten ein verlässlicher Partner und stets erreichbar, Thomas Hollerer indes lässt nicht nur Verlässlichkeit, sondern nach Angaben mehrerer Mitarbeiter auch Führungsqualitäten vermissen. Partner und Sponsoren hätten sich beschwert. Geschrieben hat Klaus Mitterdorfer dies alles in einem Brief, mehr als drei A4-Seiten lang, am 1. Oktober 2023.
Die Kehrtwende
Knapp ein Jahr später will er allerdings nichts mehr davon wissen. Mehr noch: In der Kronen Zeitung wollte der Verbandsboss am Montag auch noch die Möglichkeit nutzen, die Dinge aus seiner Sicht wieder geradezurücken, landet dabei aber schon bei seiner allerersten Antwort einen Bauchfleck. „Alle Inhalte sind den Mitgliedern des Präsidiums seit Langem bekannt“, beteuert Mitterdorfer.
Tatsächlich? Drei KURIER-Telefonate später ist klar: Ganz so kann es nicht gewesen sein. Drei Mitglieder des Präsidiums geben auf Nachfrage an, erst im Rahmen der Präsidenten-Klausur vor zwei Wochen davon erfahren zu haben. „Für mich war das völlig neu“, sagt Horst Lumper, Präsident des Vorarlberger Fußball-Verbandes. „Ich habe das Schreiben nicht gekannt und auch über den Inhalt nicht Bescheid gewusst“, sagt Niederösterreichs Fußball-Boss Hans Gartner. „Mir war das überhaupt nicht bekannt“, sagt Steiermarks Präsident Wolfgang Bartosch, stärkt dabei Mitterdorfer aber den Rücken: „Dieser Brief interessiert mich nicht mehr, das ist Schnee von gestern.“
Derselben Darstellung bediente sich schon am Samstag Klaus Mitterdorfer selbst, als er – angesprochen auf sein im Vorjahr verfasstes Urteil über das Wirken von Thomas Hollerer – von einer „Momentaufnahme“ sprach. „Das Bild hat sich komplett gedreht“, sagte der ÖFB-Präsident über die Vorwürfe gegenüber dem Generalsekretär, die er bei „vielen Gesprächen mit Mitarbeitern, Sponsoren und Partnern“ eingeholt hätte.
Allerdings: Auch dies stellt sich nach erneuter Recherche anders dar. Mitarbeiter des ÖFB gaben am Montag auf KURIER-Nachfrage an, dass sich überhaupt nichts geändert hat in der Geschäftsstelle. Anonym, natürlich, aus Angst vor Repressalien seitens ihres Chefs.
Wie lange diese Situation den vielen Mitarbeitern des Verbandes gegenüber noch zumutbar ist, diese Frage müssen die Herren im obersten Gremium beantworten. Die nächste ordentliche Präsidiumssitzung ist für den 18. Oktober angesetzt. Nicht auszuschließen, dass man schon zuvor zusammentrifft. In außerordentlicher Mission.
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