ÖFB-Bilanz: Es war von allem etwas zu wenig

Herr Koller, was nun? Die Zukunft des Schweizers ist ungewiss.
Österreichs Team scheitert in der WM-Qualifikation an vielen kleinen Komponenten.

Österreich fährt mit Marcel Koller nicht zu einer Weltmeisterschaft: Auch im zweiten Versuch scheiterten der Schweizer und sein Team. Nach einer tollen EM-Qualifikation gelang es nicht, jenen Schwung mitzunehmen, der bis nach Russland 2018 geführt hätte. Die Suche nach dem einen Grund für das Scheitern führt ins Leere, vielmehr ergaben viele kleine Punkte die Basis für ein negatives Ergebnis.

EURO als Zäsur

Österreich hat sich in der Vergangenheit stets dann für ein großes Turnier qualifiziert, wenn alle wichtigen Faktoren zusammengespielt haben. Das war auch vonnöten, weil das Team per se nie jene Klasse hatte wie Deutschland, Brasilien oder andere Top-Länder, die Unwägbarkeiten allein mit ihrer Routine ausgleichen können. Bei der Qualifikation zur EURO 2016 war alles stimmig, beim Wettlauf zur WM in Russland fehlte von allem ein wenig. Und das war unterm Strich zu wenig für eine Qualifikation und nur ausreichend für ein Scheitern.

Begonnen hat die WM-Quali schon bei der EURO, die für dieses Team unter Marcel Koller eine Zäsur darstellte und die Ära in ein Davor und ein Danach teilte.

Die öffentliche Bilanz nach wochenlangem Analysieren wurde zur Farce. Die Gründe für das Scheitern bei der EURO? Fehlendes Glück, verletzte Spieler, Akteure außer Form. Das war’s. Man gewann schnell den Eindruck, dass der Teamchef und vor allem ÖFB-Sportdirektor Willibald Ruttensteiner, immerhin Kollers Vorgesetzter, die Schuld von sich schoben, dafür umso mehr schönredeten und sich selbst etwas vormachten. Alle waren sie mit der neuen Situation einer EURO überfordert und konnten die eigenen Erwartungen nicht erfüllen. Auch nicht jene der Medien, nicht jene der Fans.

Die schwache EURO deutete sich schon davor in den mageren Testspielen an. Von allen ÖFB-Seiten wurde man beruhigt mit dem Hinweis, dass im Ernstfall, sprich gegen Ungarn, der berühmte Schalter umgelegt werden könne. Weit gefehlt.

Effizienz

Auf dem Niveau einer WM-Qualifikation erhält man vom Gegner während der 90 Minuten nicht allzu viele Chancen zugestanden. Umso wichtiger daher, die wenigen gestatteten zu nutzen. Österreich hatte in jedem Spiel Möglichkeiten, um den Spielverlauf zu eigenen Gunsten zu beeinflussen, allein, es gelang viel zu selten. Am Mangel an Effizienz gescheitert. Vor allem in den vergangenen beiden so wichtigen Spielen in Irland und in Wales: Zwei Siege waren zum Greifen nahe, es blieb nur ein einziger Punkt. Zu wenig, um ein Flugticket nach Russland buchen zu dürfen.

Unsicherheit

Ein häufiges Scheitern vor des Gegners Tor bedingt nicht zwangsweise, dass man Treffer des Gegenübers zulassen muss. Doch im Defensivverhalten fehlte häufig das Selbstverständnis, um eine weiße Weste zu behalten, möge der Druck des Gegners auch noch so groß sein. Fehler schlichen sich ein, und sie wurden denn auch prompt bestraft. Österreich war in der Defensive nicht souverän genug.

Coaching

Es brauchte lange, bis sich Marcel Koller neben seinem einstudierten System auch eine andere Varianten überlegte und letztlich auch versuchte. In der Not stellte er dann ausgerechnet bei der EURO gegen Island um, ohne allerdings davor dieses System jemals ernsthaft geprobt zu haben. Dafür hätte es fünf (!) Testspiele gegeben. Es wäre auch Aufgabe des Sportdirektors gewesen, entscheidend auf den Trainer einzuwirken.

Als die Ungarn im Auftaktspiel zur EURO nach einer anfänglichen Drangphase der Österreicher ihr System adaptierten, hatte Koller keine Antwort parat. Ebenso jetzt gegen Wales, wo Coach Coleman in der Pause umstellte. Wales nahm Arnautovic und Alaba gut aus dem Spiel und erzeugte Druck. Und Koller und sein Assistent Thomas Janeschitz? Sie gaben der Mannschaft keine Anleitung, wie man sich aus der Umklammerung befreien könnte.

Tormann

Robert Almer war während der EM-Qualifikation ein verlässlicher Rückhalt. Nach seiner Verletzung befindet sich Österreich nach wie vor auf der Suche nach einer unumstrittenen Nummer 1.

Torjäger

Marc Janko sorgte auf dem Weg nach Frankreich für die nötigen Tore. Bei all der berechtigten oder unberechtigten Kritik an seinem Spielstil, auf den Torjäger war Verlass. Jankos Karriere neigt sich dem Ende zu, ein adäquater Ersatz ist zwar mit Burgstaller oder Gregoritsch vielleicht in Sicht, beide sind jedoch (noch) nicht die Vollstrecker, die Österreich zu einem Turnier schießen.

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