Neuer vs. Buffon: Meister und Erbe

Neuer vs. Buffon: Meister und Erbe
Der Klassiker zwischen Italien und Deutschland wird auch zum Duell zweier Ausnahmekönner im Tor.

Als Gianluigi Buffon, 34, noch ein Hänschen war, hatte er die Qual der Wahl. Der Papa? Ein Gewichtheber. Die Mama? Eine Diskuswerferin. Die Schwestern? Volleyballerinnen. Der Onkel? Ein Basketballer.

Der junge Gianluigi Buffon entschied sich für den Fußball und trotzdem steckt heute im italienischen Teamtormann ein bisschen von jedem nahen Verwandten. Als Kapitän der italienischen Nationalmannschaft stemmt er die Verantwortung, wie sein Vater, er lenkt den Ball gerne übers Netz, wie die Schwestern, und er holt wieder einmal zum großen Wurf aus wie Mama und Onkel. Buffon, der Weltmeister aus dem Jahre 2006, greift nach dem EM-Titel.

Thronfolger

Der Fußball-Klassiker zwischen Italien und Deutschland wird auch zum Duell zweier Ausnahmekönner im Tor. Gianluigi Buffon und Manuel Neuer gehen als Schlüsselspieler in die Partie. Voller Respekt erklärte der 34-jährige Routinier den acht Jahre jüngeren Bayern-Profi zu seinem möglichen Erben: "Manuel Neuer kann eine wichtige Torwart-Ära im internationalen Fußball begründen."

Zusammen mit dem Spanier Iker Casillas genießen Buffon und Neuer höchste Wertschätzung. "Die besten drei Torhüter stehen im Halbfinale, ohne eine Reihenfolge festzulegen", kommentierte der deutsche Tormanntrainer Andreas Köpke. Ähnlich diplomatisch reagierte Joachim Löw auf die vielen Aufforderungen, Buffon und Neuer aus aktuellem Anlass miteinander zu vergleichen: "Buffon hat wahnsinnig viel Erfahrung. Er ist die Ruhe selbst. Manuel Neuer hat vielleicht einen etwas offensiveren Stil, spielt mit bei langen Bällen. Er ist fußballerisch besser als Buffon. Beide sind Weltklasse."

Wettkönig

Mehr noch als Neuer in Deutschland genießt der "Portierone" (Torwartgigant) genannte Buffon in seiner Heimat seit Jahren Kultstatus. Daran konnten auch die jüngsten Schlagzeilen über seine Zahlung in Höhe von 1,6 Millionen Euro an ein Wettbüro nichts ändern. Erzürnt über die Veröffentlichung erklärte er kurz vor der Abreise nach Polen, mit dem aktuellen heimischen Wettskandal nichts zu tun zu haben: "Ich kann mit meinem Geld machen, was ich will." Bisher sah die Staatsanwaltschaft keinen Grund, Buffon vorzuladen.

Spätestens seit dem Elfmeter-Krimi gegen England wird in Italien wieder mehr über die sportliche Klasse des Torhüters als über seine seit Jahren bekannte Wettleidenschaft gesprochen. Denn "Gigi" bestätigte seinen Ruf als coolster Schlussmann. Mit den Worten "Forza ragazzi – wir gehen jetzt da hin und siegen!" schwor er seine Mitstreiter auf den Showdown im Viertelfinale ein. Dann hielt er einen Elfmeter und gab Alessandro Diamanti auch noch den entscheidenden Tipp für den Elfer zum 4:2-Triumph. Verbandspräsident Giancarlo Abete geriet ins Schwärmen: "Wir sind ein Team, aber große Spieler wie Buffon geben Sicherheit."

Von dieser Sicherheit hätten die Italiener gern auch bei der WM 2010 in Südafrika profitiert. Das verhinderte der Bandscheiben-Vorfall des Keepers zum Turnierbeginn. Für viele Italiener war sein Ausfall der Grund für das Aus in der Vorrunde.

Vom erfolgreichen Comeback Buffons profitierte nicht nur das Nationalteam. Dank seiner Klasse blieb Meister Juventus Turin in der Serie A eine Saison lang ungeschlagen. Nun will der Keeper dazu beitragen, dass die Deutschen wie stets bei Turnieren gegen Italien den Kürzeren ziehen und wie beim 0:2 im WM-Halbfinale von 2006 ohne Torerfolg bleiben.

Das erhöht die Chance, mit seinem legendären Landsmann Dino Zoff gleichzuziehen und nicht nur Welt-, sondern auch Europameister zu werden. Wohl auch deshalb hat Buffon nach dem Sieg gegen England auf ausgelassenen Jubel verzichtet: "Ich mache keine Freudensprünge für ein Halbfinale. Ich werde jubeln, wenn ich den Cup hochhalte."

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