Nach dem Super-League-Aus: Nun soll die neue Champions League weg
Real Madrid gegen Chelsea und Paris Saint-Germain gegen Manchester City – mit zwei Semifinal-Schlagern geht die Champions League am Dienstag und Mittwoch in die entscheidende Phase. Doch von diesen Spielen redet momentan niemand. Zu viel ist in der vergangenen Woche im Fußball passiert.
Der Weltsport Nummer eins steht vor einer Zeitenwende. Mit der überraschenden Gründung einer Super League, die sich nach nur wenigen Tagen in alle Einzelteile auflöste, haben zwölf der führenden Vereine Europas eine Lawine ausgelöst, die nun wohl niemand mehr stoppen kann.
Bündnis
Fans, Spieler und Trainer, die maßgeblich daran beteiligt waren, dass die Super League floppte, haben Lunte gerochen. Nun soll es der Reform der Champions League an den Kragen gehen, die am Montag von der UEFA beschlossen wurde und die ab der Saison 2024/’25 umgesetzt werden soll.
Für viele aus der Fußball-Szene ist das nichts anderes als eine Super League light. „Das neue Format der Champions League ist im Vergleich zur Super League nur das Geringere der beiden Übel“, spricht Manchester-City-Star Ilkay Gündogan aus, was sich viele denken.
Ab 2024 werden mit 36 um vier Vereine mehr als momentan an der Champions League teilnehmen. Die Vorrunde wird in einer Liga statt in acht Gruppen ausgetragen. Das bringt mit sich, dass gleich 100 Spiele mehr als bisher stattfinden. Und das soll die Einnahmen erhöhen. Darum war es in der Super League gegangen und darum geht es natürlich auch in der neuen Champions League.
Gerade die höhere Anzahl an Partien – um ins Finale zu kommen, muss man künftig 16 bis 18 Spiele absolvieren statt wie bisher nur zwölf – stößt vielen der Betroffenen sauer auf. „Bei all dem Super-League-Zeug... können wir bitte auch über das neue Champions-League-Format sprechen? Immer mehr und mehr und mehr Spiele, denkt denn niemand mehr an uns Spieler?“, schrieb etwa Ilkay Gündogan auf Twitter.
Der deutsche Teamstar bekam auch Unterstützung vom deutschen Startrainer Jürgen Klopp. „Die UEFA hat uns nicht gefragt, die Erfinder der Super League haben uns nicht gefragt. Niemand hat uns gefragt. Es heißt immer nur, wir sollen mehr Spiele machen. Wir müssen einfach nur liefern. Was ist der Grund? Geld!“, meinte der Liverpool-Coach.
Auch Julian Nagelsmann sieht die Reform durchaus kritisch. Der Trainer von RB Leipzig warnt vor einer Übersättigung durch noch mehr Spiele. „Es gab mal eine Zeit, da kam von 12 bis 16 Uhr jeden Tag eine Talkshow. Auf einmal gab es keine mehr, weil es inflationär war. Da gab es irgendwann nichts mehr zu sprechen, wer von wem schwanger ist“, sagte der 33-Jährige.
Verständnis
Laut Nagelsmann habe das neue System „zwei Seiten“, die es abzuwiegen gelte. „Es ist offensichtlich, dass Spiele im Fernsehen Geld bringen“, so der Coach: „Das ist ein Stück weit nachvollziehbar. Auf der anderen Seite ist es so, dass die Spieler unglaublich viele Spiele haben.“
Die Reform wurde von der UEFA auch deshalb ausgearbeitet, um alle Topklubs bei Stange zu halten. Zwar konnte mit dem Kompromiss die Gründung einer Superliga nicht verhindert werden, aber für die Reformatoren wie Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge ist diese der richtige und wichtige Schritt.
Er sage „voller Überzeugung“, die Reform werde die Champions League besser machen. „Durch die neue Form der Vorrunde wird der ganze Wettbewerb viel spannender und emotionaler, auch weil es für die Großen viel schwieriger wird, sich durchzusetzen“, ist sich der 65-Jährige sicher, der seit vergangener Woche auch wieder Boss der mächtigen europäischen Klubvertretung ECA ist, die die Reform vorantrieb.
Die organisierten Fans sind da aber ganz anderer Meinung. Es wurden bereits klare Forderungen formuliert: Die UEFA muss die Reform zurücknehmen „und unter Einbezug von Fans“ ein neuer Prozess gestartet werden, hieß es in einer Erklärung, die zahlreiche deutsche Organisationen wie „Pro Fans“ oder „Unsere Kurve“ unterzeichneten.
Das europäische Bündnis Football Supporters Europe rief zu radikalen Reformen auf. „Die nicht nachhaltige Struktur des modernen Fußballs, seine mangelhafte Kontrolle, die weit verbreitete Ungleichheit und die grassierende Gier sind für alle sichtbar geworden“, schreibt das Bündnis. Martin Endemann, der das Bündnis vertritt, kündigte im Gespräch mit der ARD-Sportschau vollmundig an: „Der eigentliche Kampf geht jetzt erst los.“
Signal
UEFA-Präsident Aleksandar Ceferin zeigt sich durchaus gesprächsbereit, gibt aber auch zu bedenken: „Unsere Reformen sind die Folge, dass die Vereine helfen müssen, die Finanzkrise zu bewältigen. Man kann weiter so arbeiten wie bisher, aber dann werden einige Vereine in Konkurs gehen“, meinte der Slowene.
Ceferin nahm deshalb auch jene Spieler und Trainer in die Pflicht, die die von ihm als Kompromiss mit den Großklubs lancierte Reform kritisieren. „Einige von ihnen sagen, dass es zu viele Spiele geben wird. Es ist immer möglich, die Anzahl der Spiele zu reduzieren, aber dann müssen auch die Gehälter von Trainern und Fußballern sinken. Es kann nicht sein, dass die Einnahmen sinken, aber die Gehälter immer höher werden sollen.“
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